Rückblick auf eine  „alternativlose“ Politik. Was prägte die Zeitspanne von 2005 bis heute? Unter Angela Merkels langer Regierungszeit

…hat es keinerlei innovative verkehrspolitische Ansätze gegeben um dem gestiegenen Bedarf an Mobilität von Menschen, Gegenständen und Massengütern gerecht zu werden. Anstatt sich an die Spitze neuer Mobilitätstrends zu setzen wurde der Status Quo verwaltet und der zunehmenden Chaotisierung im Straßen- und Bahnverkehr zugesehen. Die Vielfalt neuer Mobilitätsformen wie das Elektrorad, welches immer mehr zum stylischen Statussymbol  wird, sich immer größerer Beliebtheit erfreut und an Raum und Entfernung gewinnt, das Elektroauto welches vor dem Durchbruch steht, oder der Nah- und Fernbahnverkehr der durch das gestiegene Umweltbewusstsein an Zuspruch gewinnt, wurden unzureichend zur verkehrspolitischen Gestaltung genutzt. Uralte Ideen, wie moderne Parkraumsysteme, attraktive Park & Ride Möglichkeiten in Städten, konkurrenzlose Preis – und Zeitvorteile in Nahverkehrssystemen, Frachtverlagerung auf die Bahn und neue Ansätze, wie Fahrradstraßen einschließlich Fahrradparkhäusern in Städten und Ballungsräumen, großes E – Ladenetz für Autos müssen endlich von Bund und Ländern gemeinsam mit Nachdruck angegangen werden. Trends aufgreifen und verstärken sollte dabei ein Planungselement sein. Fahren z. B. immer mehr Menschen mit dem Rad zur Arbeit, steigert man die Gesundheit der Bevölkerung, entlastet die Krankenkassen und hilft der Umwelt.

…sind die deutschen Autobahnen im Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik verkommen und dringend sanierungsbedürftig, um  ihre Funktionsfähigkeit zu gewährleisten (Autobahnen der neuen  Bundesländer wurden unter Helmut Kohl erneuert). Und dies, trotz hoher Zahlungen der Autofahrer, der geduldigen Melkkuh des Fiskus, von  mehr als 50 Mrd. Euro pro Jahr. Die geteilte Verantwortung zwischen Bund und Ländern, ein zu geringes Investitionsvolumen, staatliche Langsamkeit, schleppende Planfeststellungsverfahren und Bürgerproteste sind sicher einige Gründe der Misere. Um dies zu ändern müssen neue innovative politische Ansätze erarbeitet und auf den Weg gebracht werden.

Kennzahlen aus der ADAC- und Inrix-Studie von 2016/17 zu NRW verdeutlichen beispielhaft die Situation. Auf den 2200 Autobahn-Kilometern NRWs hat der ADAC in 2016 rund 218 000 Staus gezählt, d.h. 600 Staus pro Tag. Staumeldungen erfolgen häufig nur noch ab 5 km Länge. Hunderte von Brücken sind einsturzgefährdet. Und im Schienennetz NRWs sieht es nicht besser aus. Von den 4458 Bahnbrücken sind rund 2000 Bahnbrücken marode und dringend sanierungsbedürftig. Auf den Bundesautobahnen wurden 2016 insgesamt 1,3 Millionen Staukilometer, 419 000 Staustunden und durchschnittlich 1900 Staus pro Tag gezählt, ein unhaltbarer Zustand. https://www.adac.de/infotestrat/adac-im-einsatz/motorwelt/staubilanz_2016.aspx

Der Bürger/Autofahrer trägt die Folgen dieser Politik durch den Verlust wertvoller Freizeit (ca. 3 Wochen pro Autofahrer und Jahr durch Staus), Mehrkosten durch erhöhten Spritverbrauch und gesundheitliche Belastung durch Fahrstress, erhöhten Ausstoß von CO2, Stickoxide und lungenschädigendem Feinstaub.

Wie katastrophal in Deutschland Infrastrukturmaßnahmen umgesetzt werden,  zeigt sich beispielhaft am Staatsvertrag von 1996 zwischen der Schweiz und Deutschland zum Ausbau der Bahn-Zubringer-Strecke auf deutscher Seite. Nach 17-jähriger Bauzeit hat am 1.Juni 2016 die Schweiz das Jahrhundertwerk des weltweit längsten Bahntunnels, den Gotthard Basistunnel, das Herzstück der Bahnstrecke zwischen Nord- und Südeuropa, zwischen den Hafenstädten Rotterdam und Genua ohne nennenswerte Verzögerungen in Betrieb genommen. Und Deutschland?  Auf der Eröffnungsfeier musste Frau Merkel peinlich gestehen, dass der viergleisige Ausbau der 182 km langen Rheintalstrecke wohl erst 2035 fertig sein wird. Soviel zur Vertragstreue Deutschlands und der Realisierung von größeren Projekten.

….sind zweifelhafte verkehrspolitische Ansätze verfolgt worden. So subventioniert die Regierung Autokonzerne mit 600 Mio. € und verkauft  dies gegenüber dem Bürger als „Umweltbonus“ und Kaufprämie (bis 2000 € pro Fahrzeug) für Käufer von E-Autos. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Subvention erschließt sich nicht. Wenn ein E-Auto 2000 € günstiger verkauft werden mussum es an den Markt zu bringen, so sollen dies bitte die Hersteller mit einem entsprechend niedrigeren Verkaufspreis tun und nicht der Steuerzahler. Bei Gewinnen von rund 30 Mrd. € (deutsche Autokonzerne) dürfte dies kein großes Problem darstellen. Letztendlich kommt die Staatssubvention den Aktionären über eine erhöhte Gewinnausschüttung zugute. Das Steuergeld z. B. für den Ausbau von Radwegen zu verwenden wäre der zehnmal bessere Weg gewesen.

Ebenso fraglich ist im jetzigen Ansatz die Maut von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, zumal die Einnahmen aus der Maut und die Ausgaben für Bürokratieaufwand in gleicher Größenordnung liegen sollen und Rechtsstreitigkeiten mit unseren Nachbarländern und der EU vorprogrammiert sind. Bei all dem Getöse drängt sich der Verdacht auf, dass die Regierung klammheimlich andere Ziele verfolgt und die Maut, wenn sie erstmal eingeführt ist, als Instrument für neue Steuern nutzen wird. Wahrscheinlich wird es dann der Bevölkerung als Mobilitäts- oder Umweltentlastungsbeitrag verkauft.

Noch unverständlicher ist das Nichtstun beim Bahnbetrieb. Anstatt Waren und Güter auf die Gleise zu bringen um Straßen und Umwelt zu entlasten, ist jahrzehntelang genau das Umgekehrte erfolgt. Die Bahn verliert seit Jahren Frachtgut und der Schwerlastverkehr auf den Straßen nimmt überproportional zu. Was für ein verkehrspolitischer Unfug, der wohl nicht zuletzt auch dem Einfluss der übermächtigen Autolobby zuschulden ist.

… hat die große Koalition Mitte 2017 die Zuständigkeiten für Autobahnen im Rahmen der Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern ab 2020  neu geregeltDer Bund bleibt Eigentümer dieser Straßen und erhält nach Änderung des Artikels 90 GG zusätzlich die Zuständigkeit für Planung, Bau und Betrieb. Zur Erledigung seiner Aufgaben kann er sich einer Gesellschaft privaten Rechts bedienen. Diese Gesellschaft steht im unveräußerlichen Eigentum des Bundes. Die heftig umstrittene Privatisierung der Autobahnen ist damit zunächst vom Tisch. http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811131.pdf   Gewollt sind nach wie vor Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) zur Planung, Bau und Betrieb der Straßen, obwohl der Bundesrechnungshof mehrfach festgestellt hatte, dass bisherige ÖPP-Projekte (z. B. Autobahnabschnitte) teurer sind, als würden sie durch die öffentliche Hand selbst abgewickelt. Die Anwendung des neuen Gesetzes wird zeigen wohin die Entwicklung führt. Ist es eine schleichende Privatisierung der Autobahnen, ist es ein Weg den Bürger zusätzlich zu den bereits  hohen Kosten der Mineralölsteuer mit einer Infrastrukturabgabe zu belasten, ist es der Anfang für eine neue Maut für Alle, oder ist es für den Bund eine willkommene Möglichkeit benötigtes Kapital für Infrastrukturprojekte über  private Gesellschaften (z. B. Versicherungen, Bauunternehmen etc.) bereitzustellen https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2017/kw13-pa-haushalt-fernstrassen/498114.  Dies würde dem Bund weitere Vorteile bringen. Erstens braucht er weniger eigenes Kapital für Infrastrukturmaßnahmen aufzuwenden (Steuergelder werden für andere Dinge frei) und zweitens entlastet er seine Bundesschulden und kann das Schuldenlimit besser einhalten. Letztendlich würde mit der Fremdfinanzierung von hoheitlichen Bundesaufgaben ein verdeckter zweiter Bundeshaushalt geschaffen, der sich der Kontrolle durch das Parlament entzieht. Der Bürger ist der Leidtragende der höheren Kosten solcher Projekte und in Zukunft vielleicht der Zahlende neuer „Nutzungsgebühren“ für Autobahnabschnitte und Brücken.  https://www.heise.de/tp/features/Von-der-wundersamen-Verwandlung-von-Autobahnen-in-Finanzprodukte-3674871.html

…konnte die Autoindustrie frech, fröhlich, frei Schummel- Software in ihre Wagen einbauen und so Umweltvorgaben aushebeln. Der Dieselskandal zeigt die jahrelang praktizierte ungesunde Verzahnung zwischen Autoindustrie, Ministerien und Behörden. Leidtragende sind alle, die Autokäufer durch den Wertverlust ihrer Wagen, Autofahrer durch den Mehrverbrauch an Treibstoff und  Mensch & Umwelt durch den höheren Stickoxidausstoß und Feinstaubbelastung und natürlich die Autoindustrie mit ihren vielen hunderttausende Beschäftigten selbst. Bei scharfer Trennung der Verantwortlichkeiten zwischen Herstellern und Aufsicht und einer  ideologiefreien Festlegung von technisch erreichbaren Umweltgrenzwerten wäre es ganz sicher nicht zu dieser Situation gekommen.

Wegen der Wahlkampfzeit nun auf den Dieselmotor einzuschlagen und seine Einstellung zu fordern, ist das Verrückteste was wir jetzt tun sollten. Es wäre für unsere Autokonkurrenten in den USA, Japan, China, Frankreich und Italien von Vorteil und für unsere Industrie, unsere Arbeitsplätze und den für uns so wichtigen Export enorm nachteilig. Forderungen zum Dieselmotor, wie bundesweite Fahrverbote, Brückentechnologie,  Auslaufmodel,  Zulassungsverbote für Neuwagen in wenigen Jahren, oder noch Verrückter, gänzliche Aufgabe der Dieseltechnologie schaden Deutschland und werden natürlich von den ausländischen Autokonzernen mit Beifall beklatscht. Angela Merkel macht den nächsten Dieselgipfel zur Chefsache „ Da werde ich sicherlich dabei sein, wenn ich…“  “ Merkel machte zudem klar, dass sie langfristig ein Verbot von Dieselautos befürwortet.  „Ich kann jetzt noch keine präzise Jahreszahl nennen, aber der Ansatz ist richtig“  http://www.n-tv.de/wirtschaft/Merkel-meldet-sich-fuer-Dieselgipfel-an-article19983242.html

Um Gottes Willen, Angela Merkel steuert wieder auf eine „alternativlose“ Entscheidung zu. Nicht noch einen Ausstieg aus einer Technologie. Ihr sprunghaftes Eingreifen in besonderen Situationen hat meistens langfristig nachteilige Ergebnisse zur Folge gehabt. Dies kann man sehr gut sehen an fehlgeschlagenen Griechenland-Rettung, der Euro- Rettung, der gescheiterten Energiewende und der chaotischen Grenzöffnung zur unkontrollierten Einwanderung für Jedermann. Zum Glück findet der Dieselgipfel erst nach der Wahl statt, so das zumindest opportunistische Überlegungen entfallen.

Was wir jetzt brauchen ist eine den Umweltanforderungen entsprechende technische Lösung, so dass uns die dem Dieselmotor innewohnenden unzweifelhaften Vorteile des geringeren Energieverbrauchs und damit der geringeren CO2 Emission erhalten bleiben. Nur so kann Deutschland seine im Pariser Umweltvertrag zugesagten Umweltziele erreichen. Deutschland braucht weiterhin eine starke Autoindustrie, braucht weiterhin Autos für die wir auf der ganzen Welt bewundert werden. Es wäre angebracht, wenn die Medien mit der Nestbeschmutzung aufhörten, Grüne mehr Realitätssinn praktizieren würden(Abgasfreier Autoverkehr bis 2030), Politiker ganz allgemein ihre Wahlpolemik zum Diesel wegließen, das Verkehrsministerium und das Bundeskraftfahrzeugamt endlich ihren Job machen würden und die Autoindustrie in die Hufe käme tragfähige Lösungen anzubieten.

Der nächste Artikel befasst sich mit der Inneren Sicherheit und Immigration.