Der Kampf der Parteien und Politiker die Gunst der Wähler zu gewinnen nimmt langsam Fahrt auf. In knapp drei Monaten am Abend des 24. September steht das Ergebnis der Bundestagswahl fest. Die Bürger haben die neuen Wahlversprechen der Politiker bewertet und gewählt. Allen Umfragen zufolge wird Frau Merkel das Rennen machen und erneut zur Kanzlerin gewählt werden. Die öffentlichen Rundfunkanstalten singen das hohe Lied der Kanzlerin und in den Printmedien wird sie als die Bewahrerin der Stabilität gefeiert. Die kurzfristigen wahltaktischen Aktionen, die neuen Versprechen der Kanzlerin prägen das Bild in den Wählerumfragen. Ein Rückblick mit kritischer Auseinandersetzung über die letzten zwölf Amtsjahre findet kaum statt. Über allem steht das von der Kanzlerin den Deutschen über Jahre eingehämmerte Bild „uns, Deutschland geht es gut, immer weiter so…“. Bis zur Wahl wird Frau Merkel alles daransetzen, dieses Bild aufrecht zu erhalten. Die nach wie vor nicht gelöste Finanzkrise, Bankenkrise, Euro- und Europakrise, Brexit, Griechenlandkrise, Flüchtlings-/Migrationskrise, Türkeikrise etc. werden, so gut wie es geht, mit Kompromissen (u.a. Türkeiabkommen, Griechenland-Zahlungen etc.) bis zu diesem Zeitpunkt übertüncht.
Betrachtet man die letzten 12 Jahre losgelöst von der hektischen Tagespolitik mit etwas Abstand, sieht das Deutschlandbild völlig anders aus. Ein Jahrzehnt Machtfülle mit achtjähriger großer Koalition, mit sprudelnden Steuereinnahmen, vollen Staatskassen und boomender Wirtschaft wurde nicht genutzt, um echte Reformen durchzuführen und Akzente (Reduzierung der Steuer- und Abgabenlast, Minijobs und Teilzeitarbeit, Altersarmut, Sicherheit, Migration, Überschuldung, Nullzinspolitik, schnelles Internet etc.) für eine sicherere Zukunft der heutigen und künftigen Generation zu setzen. Bereits Erreichtes ist gefährdet und bei der nächsten wirtschaftlichen Rezession und wieder steigenden Zinsen wird der Merkel’sche „Immer-weiter-so-Trojaner“ wie ein Kartenhaus zusammenbrechen und die Bürger werden erneut die Zeche politischen Nichthandelns in guten Zeiten tragen müssen. Politikverdrossenheit, Unsicherheit und eine zunehmende Aufkündigung des sozialen Friedens in Deutschland sind das Ergebnis Merkels langer einschläfernder ideenloser „Immer weiter so – wir schaffen das“-Regierungszeit.
Und in der Europäischen Union sieht es nicht viel besser aus. Ein Jahrzehnt fauler Kompromisse, an denen Frau Merkel maßgeblich mitgewirkt hat, haben den europäischen Zielen von Frieden, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit geschadet und haben dazu geführt, dass sich immer mehr Bürger von dieser bürokratischen, selbstbedienungsmentalen, undemokratischen, rechtbrechenden Politik abgewendet haben. Eine zunehmende Euroablehnung, der Brexit, das Erstarken rechtsgerichteter Parteien in Deutschland und Europa, die Spaltung der Staaten in der Migrations- und Flüchtlingsfrage und die erschreckend hohe Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa sind das Ergebnis. Es bleibt zu hoffen, dass neuen bürgernahen, weitsichtigen, undogmatischen Politikern eine Rückbesinnung Europas auf die ursprünglichen Ziele gelingt und ein Europa der Bürger, der Staaten Europas und der Vielfalt auf den Weg bringen.
In einer Folge von 15 kurzen Artikeln wird gezeigt, was Angela Merkel in ihrer zwölfjährigen Regierungszeit mit achtjähriger GroKo-Machtfülle hätte anpacken können und wie die ernüchternde Bilanz einer „alternativlosen“ Politik aussieht. Was prägte die Zeitspanne von 2005 bis heute? Was hat sich unter Frau Merkels langer Regierungszeit verändert?
GroKo – eine vertane Chance
Es folgen einige Beispiele, was Angela Merkel in ihrer zwölfjährigen Regierungszeit mit achtjähriger GroKo-Machtfülle hätte anpacken können:
• Abschaffung des Soli und der „Kalten Steuerprogression“ Minderung der zu hohen Steuer und Abgabenlast (Deutschland ist Spitzenreiter in der OECD) durch Abschaffung des seit langem nicht mehr gerechtfertigten Solidaritätszuschlags (fast 17 Milliarden € in 2016) und Beseitigung der Raubtiermentalität der „Kalten Steuerprogression“ mit der Arbeitnehmer bei – hart erarbeiteten –Gehaltserhöhungen durch den progressiven Steuertarif steuerlich höher belastet werden als sie real unter Berücksichtigung der Inflation mehr im Portemonnaie hätten. Der Effekt trifft untere und mittlere Einkommen am härtesten. Durch eine gesetzlich geregelte, automatische jährliche Anhebung aller Einkommensgrenzen im Steuertarif um die Höhe der Inflation, würde hier Abhilfe schaffen.
• Einführung eines neuen Systems zur Festlegung eines einheitlichen Bildungsstandards in ganz Deutschland, um die Bildungsfrage aus den Länderwahlkämpfen herauszunehmen, um eine bessere Bildungskontinuität zu erreichen (bestes Negativbeispiel G8/G9 Diskussion), um mittelfristig einen höheren Bildungsstandard zu erlangen und nicht mehr im europäischen/ weltweiten Schulleistungsvergleichen nur mittelmäßig bis unterdurchschnittlich abzuschneiden und letztlich, um der veränderten Arbeitswelt mit wechselnden Arbeitsorten gerecht zu werden. Die neue Arbeitswelt erfordert einen in allen Bundesländern absolut gleichen Bildungsstandard. Nur so kann für Schüler, Studenten und Arbeitnehmer Chancengleichheit bei Ortswechsel und Arbeitsplatzsuche sichergestellt werden. Die Infrastruktur von Schulen und Hochschulen, die Ausstattung der Lehrmittel und die Lehrinhalte müssen im weltweiten Vergleich spitzenmäßig sein. Die Lehrinhalte müssen an das sich rasant ändernde Wissen, an die sich ändernde Wirtschaftswelt stetig angepasst werden. Fächer der Wirtschaft und der Finanzen dürfen nicht fehlen. Ein möglicher revolutionärer Weg dahin wäre die Bildungspolitik und die Bildungsinhalte nicht mehr dezentral, sondern zentral für alle Bundesländer in einem einzigen Bildungsministerium festzulegen, das gemeinsam von den Bundesländern und dem Bund geführt wird. Es ist in der heutigen vernetzten Zeit nicht einsehbar, dass zur Klärung einer einzigen Aufgabe, nämlich der Festlegung des Weges einer optimalen Ausbildung von Schülern und Studenten und deren Vorbereitung auf die Arbeitswelt und das Leben, 16 Ministerien mit Tausenden von Beamten und Angestellten erforderlich sind. Hier kann erheblich entschlackt und die Effizienz gesteigert werden bei gleichzeitiger Verringerung der Kosten. Der Vollzug eines festgelegten Bildungsstandards verbliebe selbstverständlich bei den Ländern.
• Reform des Bundeswahlgesetzes zur Begrenzung der Bundestagsmitglieder (heute 630; gesetzlich 598 Sitze plus Überhang- und Ausgleichsmandate). Kommen im Herbst zwei zusätzliche Fraktionen in den Bundestag (FDP und AfD) besteht die Gefahr, dass der Bundestag auf 700 Sitze anwächst. Die Mitglieder blockieren sich gegenseitig, die Effizienz sinkt (in den Aussprachen gibt es noch mehr „leere“ Sitze) und die Kosten steigen drastisch. Der Bund der Steuerzahler hat die Kosten eines Abgeordneten auf 650 000€ pro Jahr beziffert. Bei zwei zusätzlichen Fraktionen errechnen sich Mehrkosten von ca. 50 Mio. € pro Jahr. Zum Vergleich hat das Repräsentantenhaus in den USA nur 435 Volksvertreter.
• Verfallsdatumsgesetz. Alle neuen Gesetze sollten mit einem Verfallsdatum (unbegrenzt, begrenzt bis….) versehen werden. Dies würde zum Bürokratieabbau beitragen und staatliche Willkür wie zum Beispiel beim Soli-Gesetz verhindern.
• Reform des kostenausufernden, gescheiterten „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EGG); Deckelung der Kosten für die Bürger/ Stromverbraucher (heute ca. 25 Mrd. € pro Jahr); Beendigung der sozialistischen Marktsteuerung der Energieerzeugung.
• Verkehrsrahmenplangesetz. Gesetz mit Rahmenplan zur künftigen Verkehrspolitik. Beendigung der praktizierten Vorrangstellung der Straße, Verlagerung des Schwerlastverkehrs auf die Schiene und auf Wasserstraßen, Errichtung von „Fahrradautobahnen“ in Ballungsgebieten, Festlegung der Höchstgeschwindigkeit auf deutschen Autobahnen.
• Autobahn-Sanierungsgesetz, um den Verkehrskollaps im Westen Deutschlands abzuwenden. Das Gesetz sollte den Weg ebnen für eine beschleunigte Planung und Genehmigung von sanierungs- und ausbaubedürftigen wichtigen Autobahnstrecken im Westen Deutschlands (ähnlich wie im Osten nach der Wiedervereinigung).
• Aufbau eines superschnellen Internetnetzes, um fit zu sein für das Gigabitzeitalter und nicht mehr – wie zurzeit – weit abgeschlagen die letzten Ränge im OECD Vergleich zu belegen.
• Einwanderungsgesetz. Anreizgesetz zur geregelten Einwanderung von gut ausgebildeten Erwerbstätigen, Spitzenfachkräften und Hochbegabten außerhalb der EU nach Deutschland, um so den immer größer werdenden Fachkräftemangel (ca. 400 000 pro Jahr) der Industrie decken zu können.
• Änderung des Doppelpass Gesetzes. Der Doppelpass hat sich nicht bewährt; das Leben in Parallelgesellschaften hat weiter zugenommen.
• Neuordnung der für die Sicherheit zuständigen Behörden, um Rechtsstaatlichkeit (Parallelgesellschaften, Clan-Gesellschaften) und Sicherheit der Bevölkerung (Terrorabwehr) in allen Teilen Deutschlands zu gewährleisten.
• Regelkonforme Umsetzung europäischer Verträge und nicht wie bislang trickreiche Umgehung/Auslegung.
• Reformierung europäischer Verträge, um festgestellte Defizite zu beseitigen.
• Aufbau eines europäischen Grenzschutzes und Vorbereitung auf eine zunehmende Migration. Zwei Jahrzehnte lang hat Deutschland zugesehen wie sich die südeuropäischen Länder mit der Migration abmühten, anstatt mit Personal und Geld anzupacken und ein effizientes und effektives europäisches Grenzsicherungssystem aufzubauen, mit dem auch große Flüchtlingsströme geordnet abgewickelt werden können.
• Einbindung/Unterstützung nordafrikanischer Länder zur Minderung der Migrationsbewegung nach Europa durch ausgewogene Handelsverträge, technische Hilfe und Beratung vor Ort, Unterstützung bei der Korruptionsbekämpfung und schließlich bei der Bekämpfung von Schlepperbanden.
• Industriepolitik mit China auf gleicher Augenhöhe, um einen einseitigen Knowhow- und Unternehmenstransfer nach China zu unterbinden. Zusammen mit Regierungen anderer Industrieländer hätte die Regierung darauf hinwirken müssen, dass China das Verbot ausländischer Mehrheitsbeteiligung an Firmen in China beendet. Zarte Hinweise von Frau Merkel an die chinesische Regierung helfen da wenig, da China mit seinem „dickhäutigen“ Industrie- und Rechtsverständnis nur eine klare eindeutige Sprache versteht.
Der nächste Beitrag Ende der Woche behandelt die Stimmungslage in der Gesellschaft.
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