Physikalische Größen und Zahlenwerte werden mit Verlaub in der medialen Berichterstattung häufig unkorrekt verwendet und demzufolge der Sachverhalt über den berichtet wird verfälscht dargestellt. Ob dies nun an mangelnden mathematisch / physikalischen Kenntnissen liegt,  oder sich dahinter womöglich eine ideologisch beabsichtigte Irreführung der Leser verbirgt  ist unklar. Auffällig ist nur, dass dies häufig in hochgelobten Beiträgen zu regenerativen Energien der Fall ist. So werden z.B. Leistung und Energieerzeugung verwechselt und die Nennleistung einer Windenergieanlage (WEA) als ständig gegeben angenommen, womit sich haarsträubende Angaben über die erwartete Stromproduktion und das Potential zur Versorgung von Haushalten mit Strom ergeben. Für die Erzeugung von Strom aus WEA wird nachfolgend der Zusammenhang zwischen Leistung und Energiebereitstellung unter Beachtung der funktionalen Abhängigkeit von den Windverhältnissen dargestellt. Wie sich die Verhältnisse bei der Erzeugung von Solarenergie  darstellen folgt in einem separaten Artikel.

Die Leistung mit dem Kurzzeichen P für Power wird  zur Erinnerung an James Watt in Watt, Kilowatt, oder bei großen Anlagen in Megawatt angegeben bzw. gemessen und bezeichnet die aufgewendete  Energie (E) in einer bestimmten Zeitspanne; P= E /Zeitdifferenz. Bei der Windenergie wird Bewegungsenergie von Wind über die Rotationsfläche der Rotorblätter, die Nabe, Rotorwelle, Getriebe und schließlich den Generator der WEA in elektrische Energie, also Strom umgewandelt. Wieviel Leistung in einem bestimmten Moment zur Verfügung steht, hängt von der Anlagengröße der WEA, der Fläche der Rotorblätter   und der gerade vorherrschenden kinetischen Windenergie, also der gerade in Bewegung befindlichen Luftmassen ab. Bei Windstille stehen die Rotorblätter still, die Leistung ist null.

Somit ergibt sich die erzeugte Windleistung, Pwind,  aus der kinetischen Windenergie pro Zeiteinheit (Pwind  = Ekin,wind /delta t), wobei die kinetische Energie quadratisch mit der Windgeschwindigkeit steigt (Ekin = ½ m v²) und  die Windmasse, m, sich aus dem Produkt der Luftdichte und des Luftvolumens ergibt (m= p x V). Damit folgt: die Leistung P ist ½ mal  die Luftdichte mal der Fläche der Rotorblätter mal die anstehende Windgeschwindigkeit  hoch drei Pwind= p x A x v³/2. Die wichtigste Erkenntnis daraus ist, dass die Leistung einer WEA mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit, die gerade am Ort der WEA vorherrscht, wächst. Die Windverhältnisse sind das all entscheidende Kriterium für die Energieausbeute, also der Stromproduktion.

Eine Verdopplung der Windgeschwindigkeit ergibt eine achtfache Windleistung und umgekehrt. Nimmt die Windgeschwindigkeit um die Hälfte ab, steht nur noch 1/8 der ursprünglichen Leistung zur Verfügung. Wird z.B. eine große 4 MW WEA bei optimalem Wind mit Nennleistung betrieben und reduziert sich dann der Wind um die Hälfte, erzeugt die WEA nicht mehr 4 MW, sondern nur noch 0,5 MW Leistung, ein gewaltiger Unterschied.

Da mit steigender Höhe die Windgeschwindigkeit zunimmt wurden zur Leistungssteigerung immer größere WEA mit größeren Rotorflächen gebaut. Lag in den 90er Jahren die Nabenhöhe bei 60 m und der Rotordurchmesser bei rund 45 m so betrugen diese Werte 2005 schon 89 m zu 73 m, 2010 100 m zu 80 m und heute sind wir bei Nabenhöhen um 110 m und  Rotordurchmessern von ca. 130 m angekommen. Die höchste in 2016 errichtete WEA hat eine Nabenhöhe von 164 m und eine Gesamthöhe bis zur Flügelspitze von rund 230 m und offshore Anlagen im Meer sind noch größer geplant.

Einhergehend mit der Größe der WEA stieg die Anlagenleistung, meistens  Nennleistung genannt,  entsprechend an, von einigen 100 KW um 1990, über 1 MW um 2000 und 2 MW um 2010. 2016 betrug die durchschnittliche Anlagenleistung neu errichteter WEA 2,7 MW und die durchschnittliche Leistung aller rund 27000 in Deutschland betriebenen WEA 1,7 MW. Die gesamte Nennleistung aller Anlagen betrug  Ende 2016 rund 50 000 MW.  https://www.energy-charts.de/power_inst_de.htm

Wieviel Leistung bereitgestellt und damit  Energie in KWh erzeugt und ins Stromnetz eingespeist werden kann hängt entscheidend von den Windverhältnissen am Standort einer WEA ab. Nach der Beaufortskala wird die Windgeschwindigkeit in 13 Windstärkebereiche  von 0 (Windstille) bis 12 (Orkan) eingeteilt. Ab Windstärke 3 (schwache Brise, 3,4 bis 5,5 m/s Windgeschwindigkeit) werden bei einer mittelgroßen Anlage (1,5 MW)  die Reibungs- und Trägheitsmomente der Anlage überwunden und das Rotorblatt beginnt sich zu drehen. Bis zum Erreichen der Nenngeschwindigkeit bei ca. 11 -15 m/s (Windstärke 6 bis 7; d.h. starker bzw. steifer Wind) nimmt die abgegebene Leistung bis zur Nennleistung der WEA ständig zu. Bei weiter wachsender Windstärke wird die Anlage abgeregelt und bei Sturm aus Sicherheitsgründen abgeschaltet.  

Die in Deutschland installierten WEA mit im Mittel 1,7 MW Nennleistung benötigen auf Nabenhöhe der Anlage Nennwindgeschwindigkeiten von 11 bis 15 m/s um einen Betrieb mit ihrer  Nennleistung zu gewährleisten. Demgegenüber stehen die realen Windverhältnisse in Deutschland mit im Schnitt nur 5 bis 6 m/s Windgeschwindigkeit und häufig noch weniger (Windatlas des Deutschen Wetterdienstes). Größere Windgeschwindigkeiten gibt es nur temporär bei besonderen Wetterlagen und vornehmlich an der Küste. https://www.dwd.de/DE/leistungen/windkarten/deutschland_und_bundeslaender.html

Bei Windverhältnissen von 5 bis 6 m/s  bringt eine große WEA mit z.B.  3 MW Nennleistung nur noch eine Leistung von 375 KW, also 1/8 ihrer Nennleistung, entsprechend klein ist die erzeugte Strommenge übers Jahr. 2016 haben alle 27 000 WEA mit ca. 50 000 MW eine Strommenge von 77,8 TWh produziert, das entspricht 14,8 % des deutschen Strombedarfs von ca. 525 TWh. Wären die Windverhältnisse in Deutschland  so gut, dass alle  Anlagen durchgehend mit Nennleistung betrieben werden könnten, würden die rund 78 TWh  bereits in 65 Tagen produziert werden. Vergleicht man WEA mit konventionalen Stromerzeugungsanlagen (Kohle, Kern) und deren  Leistungsverfügbarkeiten von 85 % würden die betriebenen 27 000 WEA eine Strommenge von ca.330 TWh produzieren, der tatsächliche Wert liegt bei knapp einem Viertel.

Als Faustformel für einen guten Richtwert für die Stromproduktion einer WEA mit guten Windverhältnissen kann man festhalten, dass die mittlere  jährliche Stromeinspeiseleistung rund ein Viertel der  Nennleistung entspricht. Mit dieser Faustformel lässt sich dann auch einfach die Stromproduktion abschätzen: ¼ der Nennleistung in MW oder KW mal 365 Tage x 24 Std = Stromproduktion in MWh bzw. KWh/ Jahr. So produziert eine moderne WEA mit 4 MW Leistung auf einem windgünstigen Standort eine Strommenge von ca. 8760 MWh bzw. 8 760 000 KWh und liefert damit den Jahresstrom für knapp 2000 vier Personenhaushalte (4500 KWh/Jahr). Eine Versorgungssicherheit dieser Haushalte ist wegen der Windvolatilität mit Situationen von Anlagenstillständen nicht gegeben. Ein Abgleich der Faustformel  mit neu errichteten WEA bei Gedern am Vogelsberg ergibt eine gute Übereinstimmung.

http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/windkraftanlage-am-vogelsberg-strom-fuer-8-000-haushalte-13809407.html

Die hohe Volatilität des Windstroms führt dazu, dass es trotz der vielen WEA in Deutschland jedes Jahr Zeiträume gibt, an denen praktisch keine Leistung zur Verfügung steht.  Da dies auch für die Sonnenenergie gilt (nachts scheint keine Sonne und bei bestimmten Witterungslagen nur sehr wenig) müssen zu jedem Zeitpunkt 100 % der in Deutschland benötigten max. Leistung (ca. 75 000 MW ) durch konventionelle Kraftwerke (Kohle, Gas, Kern) vorgehalten werden, um den Strombedarf jederzeit decken zu können, Leistungsschwankungen auszugleichen und Netzzusammenbrüche zu vermeiden. Da die Kernenergie 2022 beendet ist und Kohlekraftwerke reduziert werden sollen, läuft alles darauf hinaus, dass praktisch die gesamte Backup Leistung durch Gaskraftwerke vorgehalten werden müsste. Die deutsche Stromversorgung würde sich damit in eine große Abhängigkeit von russischem Gas begeben. https://www.energy-charts.de/index_de.htm

Der Ansatz durch noch mehr WEA und eine bessere geografische Verteilung der Anlagen die hohen Wind- und damit Stromschwankungen in den Griff zu bekommen wird wahrscheinlich nicht gelingen, da die Großwetterlagen die Windverhältnisse in  Deutschland bestimmen und Deutschland flächenmäßig zu klein ist um eine ausreichende Windstärkendifferenzierung zwischen Nord und Süddeutschland zu haben. Dies bestätigt auch die  Windenergie-Einspeisung der Vergangenheit, wie folgende Zahlen belegen:

NL= installierte WEA Nennleistung am Jahresende in MW; max. WL = maximale Windleistung; min. WL = minimale Windleistung; % = Prozent von der NL, Einspeiseverhältnisse am 09.2010 und 7Jahre später jeweils in der 37.KW

2010:                  NL 27072,  max. WL 21679,          min. WL  113 = 0,41 % NL

2011:                  NL 28606, max. WL 22870,          min. WL   88 = 0,30 % NL

2012:                  NL 30755, max. WL 24086,          min. WL 115 = 0,37 % NL

2013:                  NL 33614, max. WL 26269,          min. WL 121 = 0,35 % NL

2014:                  NL 36928, max. WL 29687,          min. WL   24 = 0,06 % NL

2015:                  NL 44946, max.  WL32956,           min. WL   93 = 0,20 % NL

09.2010:            NL 26820, max. WL 11570,          min. WL 240 = 0,89 % NL

09.2017:             NL 53810, max. WL 38590,          min. WL 310 = 0,57 % NL

Die Tabelle zeigt, dass trotz Verdopplung der Nennleistung von 2010 bis 2017 die Minimalwerte der Windeinspeisung über all die Jahre hinweg mit kleiner 1% der Nennleistung extrem niedrig geblieben sind und sich kaum verändert haben. Nach wie vor gibt es Zeiten wo kein Windstrom vorhanden ist. Erschwerend dazu ist die Schwankungsbreite der Windstromeinspeisung, also der Maximal – und Minimalwert stark gestiegen. Die erhöhte Volatilität erschwert die Stromsteuerung im Netz. Nur mit einem ausgewogenen Mix aus verschiedenen regenerativen und konventionellen Stromerzeugungsanlagen lassen sich die aufgezeigten Risiken der Stromversorgung beheben, Einseitigkeit führt in eine teure und risikoreiche Sackgasse.

https://www.energy-charts.de/power_de.htm?source=conventional&week=37&year=2010

https://www.energy-charts.de/power_de.htm?source=conventional&week=37&year=2017