Deutschland 2018 Strompreis – Weltmeister

Im Faktencheck zu Sandra Maischbergers Sendung am 20. 09. 2017 “Bezahlen die Deutschen den höchsten Strompreis der Welt“ wurde als Fazit festgestellt, dass Deutschland hinter Dänemark – oh Gott sei Dank – nur den zeithöchsten Strompreis der Welt hat, und zwar sowohl bei den Strompreisen für private Haushalte als auch beim Strom für die Industrie. https://correctiv.org/echtjetzt/artikel/2017/09/21/strompreis-deutschland-daenemark-elektrizitaet-vergleich-faktencheck/  Und wie geht es weiter? Alles spricht dafür, dass die Strompreise in Deutschland kräftig weiter steigen und wir 2018 mit großer Sicherheit die jetzige Nummer eins ,Dänemark, überrunden und in den Folgejahren unseren unrühmlichen Vorsprung als Land mit den teuersten Strompreisen der Welt weiter ausbauen werden. Bestimmt wird die Entwicklung durch steigende Kosten beim ökologischen Umbau unserer Stromversorgung unter marktfremden, innovationshemmenden und bürokratischen Bedingungen des Erneuerbare – Energien – Gesetzes, EEG  https://www.gesetze-im-internet.de/eeg_2014/EEG_2017.pdf . Mit  der berühmten „Trittin´schen Eiskugel“  versprach der damalige Umweltminister Jürgen Trittin, dass die Mehrkosten des Ökostroms nicht mehr als 0,25 ct pro verbrauchter KWh, also rund eine Eiskugel pro Tag betragen würden. Heute sind wir mit fast 7 ct / KWh bei dem 27 fachen angekommen und in absoluten Beträgen bei Mehrkosten von rund 320 € /Jahr für eine vierköpfige Familie. Die Stromkunden und hier im Besonderen die privaten Haushaltskunden tragen mit rund  25 Milliarden Euro pro Jahr die Hauptlast der Energiewende. Ein schöner Beleg dafür, wie die Bevölkerung zur Erreichung politischer Ziele hinters Licht geführt wird. Die bislang zurückgelegte Strecke beim Umbau der Stromversorgung zu mehr regenerativer Energie war der leichtere Teil der Energiewende, die eigentlichen Herausforderungen stehen in den nächsten Jahren an. Dann wird sich zeigen, ob das in der Welt einmalige Experiment auch erfolgreich abgeschlossen werden kann. Was spricht dafür, dass die Strompreise weiter steigen werden?

  1. Der geplante Ausbau des deutschen Hochspannungsnetzes um weitere rund 7700 km mit zwei Stromtrassen von Norddeutschland nach Süddeutschland, um den norddeutschen Windstrom in die Industriegebiete im Westen und Süden zu transportieren, ist bis auf wenige Kilometer noch nicht umgesetzt worden. Die Kosten hierfür werden erheblich höher sein als ursprünglich geplant, weil große Teile des Netzes wegen starker Proteste aus der Bevölkerung nunmehr unterirdisch verlegt werden sollen. Beim Kabinettsbeschluss im Oktober 2015 wurde für 1000 km ein Vorrang für Erdkabel- Stromtrassen beschlossen. Die Mehrkosten hierfür wurden damals auf ca. 8 Milliarden Euro geschätzt, die als Netznutzungsentgelte gemäß EEG §3 auf den Strompreis umgelegt werden.
  2. Bei der geplanten Erdkabel – Stromtrasse entstehen durch neue Forderungen des Deutschen Bauernverbandes und Grundstücksbetreibern auf dauerhafte jährliche Entschädigungszahlungen von rund 15 € pro laufenden Meter Erdkabel weitere Kosten von rund 15 Mio. € pro Jahr. Mit der bisherigen Regelung auf eine einmalige Entschädigungszahlung während der Erdkabelverlegung geben sich die Landwirte nicht mehr zufrieden sondern fordern einen kontinuierlichen Ausgleich für mögliche geringere landwirtschaftliche Erträge durch den Eintrag von Wärme aus dem Erdstromkabel. Es liegt nun an der Politik diese Forderung zu bewerten, zu akzeptieren, oder abzuweisen.Vermutlich wird am Ende auch diese Lobbyisten – Forderung, da sie ja nicht die Streuer des Staates sondern die breite Bevölkerung betrifft, akzeptiert werden.
  3. Mit dem weiteren Ausbau der Windenergieleistung nimmt – solange nicht ausreichend große Stromspeicher zur Verfügung stehen – die Zahl fragiler Netzsituationen zu, so dass die Netzagentur immer häufiger zum Schutz des Netzes Windenergieanlagen temporär runterfahren muss. Dies führt zu höheren EEG – Kosten da die Windanlagenbetreiber übers EEG auch dann bezahlt werden, wenn sie keinen Strom produzieren, ihn aber produzieren könnten. In diesen Fällen zahlt der Stromverbraucher die EEG – Umlage für vorhandene nicht zum Einsatz kommende Windanlagen.
  4. Auch führt der weitere Windstromausbau dazu, dass die Zahl der Tage mit negativem Strompreis zunehmen wird, selbst wenn wie unter 3. beschrieben Windanlagen bei Starkstrom vom Netz genommen werden. Von negativen Strompreisen spricht man, wenn überschüssiger Ökostrom von den Nachbarländern nur noch gegen einen Aufpreis abgenommen wird. Der deutsche Verbraucher bezahlt den Ökostrom somit zweimal, einmal für die Erzeugung und ein weiteres Mal für das Verschenken mit Aufpreis. Da der Windenergieausbau weiter geht, werden auch diese Mehrkosten ansteigen. Allein bei dem jüngsten Sturmtief Sebastian am 28. / 29. Oktober betrugen die Stromgeschenke negativer Strom- Börsenpreise rund 70 Mio. €.zu Lasten der deutschen Haushaltsstromverbraucher.
  5. Um die Volatilität des Windstrom bei sich ändernden Windverhältnissen in den Griff zu bekommen müssen Strom-Speichersysteme errichtet werden, die überschüssigen Strom bei Starkwind abnehmen (Netzstabilisierung und Vermeidung von Negativstrompreisen) und Strom zur Überbrückung von Tagen mit Windflaute speichern können (Vermeidung einer dauerhaften Vorhaltung konventioneller Kraftwerke von 100% der benötigten maximalen deutschen Leistung). Zur Überbrückung von nur 5 Flauten – Tage müsste elektrische Energie in der Größenordnung von 8TWh gespeichert werden, was eine gewaltige Menge ist und enorme Herausforderung wäre. Am einfachsten ließe sich dies mit Pumpspeicherkraftwerken bewerkstelligen, was aber wegen des zu erwartenden Widerstands der Bevölkerung keine Realisierungschance in Deutschland hat. Als weiteres gäbe es die bekannte aber teure Umwandlung von Strom in Wasserstoff und Nutzung als Gasenergie und die Druckluftspeicher in Salzkavernen. Experimentiert wird auch mit Schwungradspeicher, Pumpspeicher, Kugelspeicher mit Pumpturbinen auf dem Meeresgrund und vieles mehr. Ob sich daraus am Ende eine Speichermöglichkeit in der benötigten Größenordnung und Bezahlbarkeit ergibt ist völlig offen, ganz abgesehen von den enormen Kosten.

All dies zeigt, dass wir noch lange nicht am Ende der Kostenspirale angekommen sind. In welchem Umfang dem privaten Haushaltsstromkunden zusätzliche Kosten noch aufgebürdet werden können ist eine Frage der politischen Durchsetzbarkeit.

Mit dem EEG haben Ökofanatiker, Lobbyisten, Verbände und schließlich der Gesetzgeber ein Eierlegendeswollmilchsau – Gesetz geschaffen, aus dem sich fernab jeglichen marktkonformen Handels unzählige Nutznießer schamlos zu Lasten der privaten Stromverbraucher bedienen. Leidtragende sind ganz besonders sozialschwache Einkommensschichten. Mit 30 ct / KWh und 4500 KWh im Jahr zahlt eine 4 köpfige Familie für das unverzichtbares Gut Strom 1350 € im Jahr, bzw. 113 € im Monat, enorm viel Geld. Im Vergleich hierzu würde die gleiche Familie in den Niederlanden nur 702 €, in Frankreich 760 € und alle EU – Bürger im Mittel nur 922 € pro Jahr zahlen. Dies zeigt wie weit sich Deutschland bereits vom Standard entfernt hat. Und der Staat verdient kräftig mit, denn 57 % des Strompreises entfallen auf Steuern und Abgaben und nur 19 % auf Erzeugung und Vertrieb sowie 25 % auf Netzentgelte. http://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Electricity_price_statistics

https://www.stromauskunft.de/strompreise/strompreis-zusammensetzung/

Es wird höchste Zeit, dass der Staat das EEG Gesetz marktkonform reformiert und sich an den Kosten der Energiewende beteiligt, z. B. durch den Verzicht auf die Stromsteuer (2,05 ct / KWh). Als Nebeneffekt würde dies auch zu mehr Kostenbewusstsein beim Staat führen.

Es muss Schluss sein, dass die Energiewende auf dem Rücken privater Haushalte vollzogen wird und die privaten Haushalte einen höheren Anteil an den Umlagekosten tragen als die Industrie (Haushalte zahlen ca. 36 % der Umlage, verbrauchen aber nur 25 % des Stroms). Es muss nach Wegen gesucht werden, wie die enorme Umverteilung von 25 Milliarden €uro pro Jahr von der Bevölkerung auf relativ wenige Nutznießer der Energiewende peu à peu verringert werden kann.

Interessant wäre auch die Zulässigkeit der ungleichen Kostentragung der EEG -Umlage zwischen der Industrie und den Privathaushalten einer rechtlichen Überprüfung zu unterziehen. Ohne Umstellung des EEG wird die Energiewende nicht gelingen. Der Widerstand privater Haushalte und der kleinen und mittelständischen Industrie, die nicht wie die energieintensive Großindustrie bei der EEG – Umlage entlastet wird, wird zunehmen. Darauf muss die Politik eine Antwort finden und dies umso mehr, da der Staat mit dem EEG – Gesetz selbst die Durchführungsverantwortung zur Energiewende übernommen und die Energieerzeugung in Deutschland in eine sozialistische, Planwirtschaft überführt hat.

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1 Kommentar

  1. Ein sehr informativer Artikel. Ich bin sehr gespannt, wie sich das Thema Strompreis auch in den nächsten Jahren hier bei uns entwickeln wird.

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