Nach der Bundestagswahl in rund zwei Wochen beginnt eine neue Ära ohne Angela Merkel. Damit endet eine lange Zeit einer seltsamen Verklärung der Kanzlerin durch Medien und nach Meinungsumfragen auch der Mehrheit der Bevölkerung mit durchgängig top Sympathie- und Leistungsbewertungen unter den Spitzenpolitikern. Bei objektiver Betrachtung fällt die Bilanz des äußeren Scheins und des tatsächlichen Seins über die gesamte Amtszeit von 2005 bis heute sehr viel nüchterner aus. Es bleibt nicht viel was innovativ angepackt wurde und die wenigen in Gang gesetzten Veränderungsprozesse die langfristig in Gesellschaft und Wirtschaft wirken werden, waren alles Schnappschüsse aus der Hüfte ohne sorgfältiges Auswählen und Zielen. Inwieweit sie zum Wohle des Landes wirken wird sich noch erweisen müssen, zumindest sind bis heute kaum Erfolge zu verzeichnen. So gesehen ist es gut, dass mit der Wahl die lange ideenlose Zeit zu Ende geht. Es ist ein neuer Aufbruch, den neue Köpfe hoffentlich anpackend gestalten um Liegengebliebenes zukunftsgerecht anzugehen und um neue Ideen zur Gestaltung des vor uns liegenden technischen und gesellschaftlichen Umbruchs auf den Tisch zu legen. Demokratie lebt von der Lebendigkeit wechselnder Verantwortung von starken Führungspersönlichkeiten und wenn sich Parteien verschlissen haben, der Änderung politischer Lager.
Was bleibt von Angela Merkel im Gedächtnis haften? Es war ein Regieren ohne die eigene Position der Gesellschaft zu kommunizieren und damit zur Disposition zu stellen. Meist war es ein Agieren aus dem Nebel heraus um dann bei sich ergebenen Mehrheiten für Ideen und Vorschläge diese blitzschnell sich zu eigen zu machen. Die Sozialdemokraten als 12- jähriger Koalitionspartner haben dies schmerzlich erfahren müssen. Immer war im richtigen Moment der Igel vorm Hasen im Ziel. Ein weiteres Merkmal der Politik dieser Zeit war ein mit kindlicher Raute vorm Bauch und farbloser Sprache einhergehendes Einlullen eines ganzen Landes mit dem Märchen und sanften Gute Nacht Gesang vom reichen Deutschland, dass sich alles leisten kann. Mutti wird’s schon richten, oder „Wir schaffen das!“ hießen die Ablenkungsformeln. Kennzeichen dieser Zeit war auch eine oft zu beobachtende politisch moralische Überheblichkeit gegenüber anderen Ländern. Ein Anspruch der zum Beispiel in der Energie – und Umweltpolitik, den nackten Fakten nicht standhält. Widerspruch, Diskussionen aus der Bevölkerung und dem Parlament heraus wurden als lästig empfunden. Ruhe und Gelassenheit, ein tagelanges nächtliches Verhandeln, eine kamelartige Fähigkeit länger durchhalten zu können als andere hat nicht wenige, gerade aus der Medienwelt an Angela Merkel fasziniert. Rational überlegt ist es ein Irrwitz, nächtelange Sitzungen, besonders auch in den EU- Institutionen sollten abgeschafft werden, weil die Ergebnisse meist grottenschlechte Kompromisse waren.
Im Vergleich zu Helmut Schmidt und Gerhard Schröder war es ein langes durchregieren in drei GroKo´s hinter einer diffusen Nebelwand. Wie im Honecker Staat mit satten Mehrheiten wurden ohne nennenswerte Opposition Entscheidungen im kleinsten Regierungskreis getroffen und wurde bei wirklich relevanten Weichensetzungen für Gesellschaft und Wirtschaft autoritär ohne parlamentarische und gesellschaftliche Diskussion, ohne Einbindung der europäischen Partner sprunghaft Neues festgelegt ohne die Auswirkungen auch nur im geringstem vorher analysiert zu haben und damit die langfristigen Risiken zu kennen. Kritik aus Politik und Bevölkerung wurde mit dem Argument der Alternativlosigkeit mundtot gemacht. In der Realität war es ein Entscheiden mit vollem Risiko aus machtegoistischen Motiven unter Nutzung temporärer Stimmungsmehrheiten der Bevölkerung.
Von den wirklich relevanten nachhaltigen Entscheidungen der Merkel- Ära, die alle in oben beschriebener weise in Blitzaktionen ohne Plan getroffen wurden, verbleiben drei Ereignisse mit langfristiger Folgewirkung für die nächsten Generationen. Die Euro- und Griechenlandrettung um 2010 und zwei sprunghafte Entscheidungen in 2011 und 2015. In 2011 die in drei Tagen herbeigeführte 180- Grad Wende in der Atom- und Energiepolitik und die 2015 über Nacht getroffene Entscheidung in der Flüchtlingspolitik mit unkontrollierter Öffnung der Bundesgrenzen für jedermann bei der weit über eine Million Menschen ins Land strömten mit Kontrollverlust des Staates über seine Grenzen und Bürger. Alle drei Entscheidungen haben das Land bis heute verändert und werden es auch die nächsten Jahrzehnte tun, mit gravierenden gesellschaftlichen, energietechnischen und kommerziellen Auswirkungen die den Bürgern bereits hunderte von Milliarden Euro gekostet haben und noch viele Billionen Euro kosten werden. Kritik aus der Bevölkerung und Wirtschaft an unausgereiften Konzepten wurde jeweils mit viel Geld der Bürger eingehegt um sich so politische Ruhe und Wohlwollen zu erkaufen. Mit dem vielen Geld, so zum Beispiel bei der Energiewende, wurde eine seltsame Uniformität bei den Eliten und Profiteuren aus Bevölkerung und Wirtschaft erreicht, wohlwissend, dass die Allokation der Mittel hoch ineffizient war.
Wie stark die Dinge im Argen liegen zeigt die Tatsache, dass es zu allen drei großen Entscheidungen keine Gesamtkostenrechnung und keine Risikobetrachtung der Regierung, oder der zuständigen Ministerien gibt, und dies bis heute. Es gibt keine Kostenrechnung zur Migration, keine Kostenrechnung zur Energiewende, keine Rechnung wie viel die andauernde Niedrigzinspolitik der Zentralbank der deutschen Bevölkerung kostet, geschweige denn ein Konzept wie die ungleiche Belastung der Länder durch den Euro beseitigt werden kann.
Mit der „alternativlosen“ Griechenland- und Eurorettung wurde eine historische Chance verspielt Defizite des Vertrages von Maastricht auszumerzen. Über diverse Rettungsschirme wurden hunderte von Milliarden Euro ins bankrotte Land gepumpt, mit Deutschland als weitaus größtem Gläubiger. Es war der Anfang der merkelschen- Zeit der „Alternativlosigkeit“. Jeder auf den Tisch gelegte und dem Parlament präsentierte Rettungsvorschlag wurde als alternativlos bezeichnet. Diese abstruse sture Haltung erzürnte nicht wenige Ökonomen und führte schließlich nach einer erneuten alternativlosen Rettungsaktion Anfang 2013 zur Gründung der Alternativen Partei Deutschlands. So gesehen ist Angela Merkel Geburtshelferin der AfD. Die Partei ist heute rechts außen angesiedelt und in allen Landtagen und dem Bundestag vertreten. Als Wissenschaftlerin weiß sie, dass nichts alternativlos ist und gerade erst alternative Ansätze gute Ergebnisse hervorbringen. Als Politikerin unterdrückte sie zur Eindämmung von Diskussionen diese elementare Tatsache. Ein temporäres Austreten Griechenlands aus der Währungsreform, wie von vielen Ökonomen und schließlich auch von den Finanzministern der EU einschließlich Wolfgang Schäuble vorgeschlagen, wurde von Merkel und dem französischem Präsidenten Nicolas Sarkozy nach vorangegangenen bilateralen Gesprächen strikt abgelehnt. Begründet wurde es mit dem plumpen Totschlagargument, scheitert der Euro, scheitert Europa. Dabei wird ignoriert, dass nur 19 Länder der 27 EU- Staaten den Euro haben und die EU weit mehr ist als der Euro. Die große Vision Europa darf nicht an einer Währungstechnik hängen, zumal unstrittig ist, dass der Euro in seiner jetzigen Ausgestaltung die EU stark spaltet. Frankreich ist schließlich wegen enorm hoher Bankenverbindlichkeiten in Griechenland der große Profiteur der Rettungspakete.
Innovationslos hat die sechzehnjährige Regierungszeit Merkels das Land mit einem andauernden Reformstau geprägt, einer unveränderten strukturellen – und technologischen Rückständigkeit die heute größer ist als 2005. Deutschland ist im digitalen Zeitalter international und europäisch weit abgeschlagen. Ein flächendeckendes schnelles Internet ist nicht wesentlich vorangetrieben worden. Ende 2018 waren nach Angaben der Bundesregierung 92 der 6320 Schulen ans schnelle Glasfasernetz angeschlossen, was einer Quote von 1,5 % entsprach. Nach dem Corona- Aufholprozess haben heute rund 10% der Schulen und Krankenhäuser einen schnellen Zugang. Im internationalen Vergleich ein immer noch grottenschlechter Wert. Die runtergekommene Infrastruktur von Straßen, Brücken, Schulgebäuden ist nicht beseitigt, geschweige denn die seit Jahrzehnten geforderte ökonomische als auch ökologische Verkehrswende mit der Bahn und deren Schieneninfrastruktur als Herzstück des gesamten Verkehrswesens eingeleitet worden. Tausende Straßen- und Bahnbrücken sind Sanierungsfälle. Einzig allein die Energiewende bleibt als großes Umbruchvorhaben, wobei ihr scheitern näher zu sein scheint als ihr Erfolg. Ursächlich für diese Entwicklung ist die aus Gründen des Machterhalts sprunghaft getroffene Entscheidung ohne fachliche Bewertung, ohne Folgenabwägung und ohne Einbindung der EU aus der Kernenergie auszusteigen. Dazu kommt die anschließende dilettantische, bürokratische, staatsdirigistische und planwirtschaftliche miserable Umsetzung. Der Ausstoß von schädlichen Treibhausgasen ist heute nicht wesentlich geringer als 2005 und wird sich mit Abschalten der letzten sechs Kernkraftwerke die jährlich über 60 Millionen Tonnen CO2 vermeiden weiter verschlechtern. Deutschland liegt heute bei der Energiewende und dem Umweltschutz nicht vorn, sondern weit abgeschlagen in der unteren Hälfte der EU und dies bei höchsten Stromkosten weltweit.
Da alles im klein und klein gehalten wurde und sich im Wesentlichen nur auf geldpolitische Maßnahmen zur Wählerpflege konzentrierte, kamen die großen Themen erst gar nicht auf die Tagesordnung. So blieben die Reform des Rentensystem, des Steuer- und Abgabensystems, die Bildungsreform mit Bildungsrat und neuen erweiterten Lehrplänen u.a. zur Wirtschafts- und Finanzkompetenz der Schüler, die Parlamentsreform und die Entbürokratisierungsreform 16 Jahre lang auf der Strecke. Das gleiche gilt für dringend anstehende EU- Reformen, wie Korrektur des Maastricht– Vertrages zur Akzeptanzförderung des Euro, Korrektur des Schengen– und Dublin- Vertrages zur Regelung der Migration und dem Schutz der EU- Außengrenzen, geschweige denn die Fragenklärung wohin die EU eigentlich steuern soll, „Europäische Republik“, oder „Vereinigte Nationalstaaten von Europa“. So gesehen sind die 16 Jahre im Wesentlichen verschenkte Jahre bei denen viel Geld von der Regierung verprasst und umverteilt wurde um Wähler bei Laune und die Regierung Merkel im Amt zu halten.
Im Rückblick auf die Merkel- Zeit ist es erforderlich sich von zwei weit verbreiteten Vorstellungen zu verabschieden. Erstens dem von der Regierung stets als große Leistung verkauften Erfolg einer sparsamen Haushaltsführung und zweitens der Vorstellung die in dieser Zeit florierende Wirtschaft hätte mit Lenkungsmaßnahmen der Regierung zu tun. In der Tat ist es gelungen fünf Jahre lang von 2014 bis 2019 einen Einnahmen- und Ausgabenausgeglichen Bundeshaushalt vorzulegen. Dennoch wurde in der ganzen 16-jährigen Regierungszeit Zeit üppig gehaushaltet und mit Steuergeld geprasst. Betrug der Bundeshaushalt 2005 259 Mrd. € lag er in 2019 bei 343 Mrd.€. Die Erhöhung ist weit größer als die niedrigen Inflationswerte dieser Zeit und dies trotz Milliardeneinsparungen im Schuldendienst aufgrund der Nullzinspolitik der EZB. Pandemiebestimmt ist der Haushalt in 2020 auf 442 Mrd. € und in 2021 auf gut 500 Mrd. € gestiegen. Die Staatsverschuldung lag 2005 bei 1,49 Billionen € und 2020 bei 2,17 Billionen €. Sie liegt heute mit 71 % über dem EU- Grenzwert von 60 % des Bruttosozialprodukts. Wie verschwenderisch in dieser Zeit mit dem Geld umgegangen wurde zeigt, dass alle die in dieser Zeit generierten Mehreinnahmen bzw. durch exoterne Vorgänge gesparten Kosten komplett verfrühstückt wurden. Allein durch die nunmehr 11- jährige Nullzinspolitik der EZB mit entsprechenden Umschuldungen der Staatsschuld wurde der Schuldendienst des Bundes pro Jahr um Milliarden Euro entlastet. An neuen Anleihen wurden wegen Negativrenditen grandioser weise noch Millionen verdient. Es waren goldene Zeiten für Staatshaushalter, goldene Zeiten für Olaf Scholz als Finanzminister. Milliarden – Verlierer beim Nullzinswahnsinn war und ist die breite Bevölkerung durch Verluste bei Spargeldern, Lebensversicherungen, Pensionskassen und vielem mehr. Zeitungen schrieben „Graf Draghila“ saugt die Konten deutscher Sparer leer. Einziger Mahner an dieser unerfreulichen Entwicklung war Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Angela Merkel die in ihrer gesamten Amtszeit nie genug Steuereinnahmen bekommen konnte hat Draghis Zinspolitik bei der jährlichen gemeinsamen Tasse Kaffee wohlwollend abgesegnet. Die Umverteilung füllte die Bundeskasse. Und nicht zuletzt wurde die Soli- Abgabe so lange wie irgend möglich kassiert. Erst als durch Bürgerklagen Gerichte diese ungerechtfertigte Milliarden- Abzocke stoppten wurde die sogenannte Aufbauhilfe – Ost, die in den letzten Jahren eine ungerechtfertigte gesetzeswidrige reine Steuereinnahme war eingestellt. All das zusätzliche Geld, was bei normaler Geldpolitik und früherer Abschaffung des Solis nicht in die Bundeskasse geflossen wäre wurde stillschweigend auf den Kopf geklopft, wobei der Bevölkerung Sparsamkeit mit der schwarzen Haushaltsnull vorgaukelt wurde. 16 Jahre lang lebte die Merkel- Regierung wie die Made im Speck. In ihrer Zeit ging es nicht mehr um Millionen, die neue Einheit dieser Zeit war Milliarden, ganz gleich um welche Maßnahmen, oder Unterstützungen es national oder international ging. Auf Deutschland war in dieser Sache Verlass.
Phänomenal war, dass die Wirtschaft durchgehend florierte und dies trotz zweier enormer weltweiter Einbrüche in 2008 und 2019. Diese Situation hat viel zum Glanz von Angela Merkel beigetragen. Dabei ist leicht erklärbar, dass der lange weltweite Wachstumszyklus von dem Deutschland als Exportland besonders profitiert hat nichts mit Regierungshandeln und schon gar nichts mit deutscher Wirtschaftspolitik zu tun hat. Bis auf Subventionierungen von einigen Industriezweigen vor allem im Autobereich war über die gesamte Merkel- Zeit die Wirtschaftspolitik ein Gesamtausfall und die Energie – und Umweltpolitik ein Tanz auf dem Drahtseil. Die wirtschaftliche Stärke Deutschlands in dieser Zeit basiert auf der langfristigen Wirkung mehrerer Faktoren. Gezündet wurde sie durch Gerhard Schröders Arbeitsmarktreform und weiter getrieben durch professionelles Unternehmertum, innovative Leistungen von Wissenschaftlern, Ingenieuren, verantwortungsvolles Gewerkschaftshandeln und gute Arbeit der Arbeitnehmer. Den größten Schub erhielt die Wirtschaft jedoch durch weltweit einmalig günstige ökomische Rahmenbedingungen. Seit der Finanzkrise in 2008 und der Corona- Krise ab Ende 2019 wurden die Weltmärkte bis heute in nie gekanntem Umfang mit Geld der Zentralbanken geflutet bei gleichzeitiger rigoroser Absenkung der Zinsen um null Prozent. Unvorstellbare um die 20 000 Milliarden Dollar wurden so der Welt zugeführt. Weiteren Rückenwind erhielt die Wirtschaft durch die bis 2020 extrem niedrigen Energiepreise für Gas, Öl und Benzin. All das hat bis heute die Wirtschaften weltweit befeuert. Die Kehrseite sind neue weltweite Risiken, große neue Blasen, wie abnormale Überhöhungen an den Börsen und ausufernde Immobilienpreise. Ändern sich diese Bedingungen, was sich langsam abzeichnet, kommt die Wirtschaft in schweres Fahrwasser mit dann auch sinkenden Steuereinnahmen. Darauf hinzuarbeiten und darauf sich vorzubereiten wurde sträflich unterlassen.
Die viel gerühmte Krisenmanagerin war überall dort erfolgreich, wo sie mit gönnerhafter Hand jeweils Milliarden und Abermilliarden deutscher Steuergelder zur Eindämmung von Krisen verteilen konnte, wie bei der Griechenlandkrise, der Eurokrise, der Finanzkrise, der Türkeihilfe, der Maghrebstaaten – Hilfe und nun der Afghanistan- Hilfe. Bis 30 Prozent der Gesamthilfe aller Staaten waren oft die Regel. Katastrophal sieht die Krisenbilanz dort aus, wo es galt ernste Krisen durch operatives Regierungshandeln zu bewältigen. Aufgrund politischen Taktierens zum Machterhalt und handwerklichen Unvermögens wurden weder die Folgen der Fukushima -Krise mit dem Atomausstieg, noch die Krise beim Flüchtlingsansturm auf Deutschland geschweige dann die stümperhafte Energiewende die bis heute auf eine erlösende Idee wartet, bewältigt, sondern deren Lösung den nächsten Generationen aufs Auge gedrückt. Kurzfristige negative Wirkungen wurden jeweils mit viel Geld zum Erhalt der Wählergunst nivelliert. Nicht besser sieht die Bilanz beim Afghanistan- Einsatz aus. Regierungsseitige Fehleinschätzungen waren die Regel. Die Bevölkerung wurde durch jahrelange Schönrederei über einen humanen Einsatz bewusst getäuscht. Am Schluss nun ein operatives Versagen bei der Evakuierung Deutscher und afghanischer Ortskräfte aus Kabul und dies trotz zahlreicher Warnungen der Amerikaner und Hilferufe aus der deutschen Botschaft in Kabul. Der Merkel- Regierung gelingt es nicht rechtzeitig mit der Evakuierung zu beginnen. Erst nach der Einnahme Kabuls durch die Taliban läuft die Operation an und kommt unter Beschuss. Viele afghanische Hilfskräfte die mit Deutschland zusammengearbeitet haben, werden dieses unverantwortliche handeln wohl mit dem Leben bezahlen müssen.
Neben den drei großen Entscheidungen / Veränderungen sind in der Merkel – Zeit in der Politik selbst und in der Gesellschaft relevante Veränderungen eingetreten, die meist nicht zum Besseren waren.
Die großen demokratischen Parteien haben an Zuspruch und Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung verloren. Sie sind innerlich zerstritten. Dazu beigetragen hat die Politik des Durchregierens, des Überstülpen von bereits in Hinterzimmern getroffenen Entscheidungen und der Nivellierung politischer Inhalte. Die CDU hat einen großen Schwenk nach links gemacht. Sie ist in ihrer Ausrichtung und ihrem Markenprofil nicht mehr klar unterscheidbar von den Sozialdemokraten und Grünen. Ihre marktwirtschaftliche Kompetenz hat sie eingebüßt. Staatswirtschaftliche und planwirtschaftliche Vorstellungen sind salonfähig geworden. In der Folge haben sich viele Wähler von der gesichtslosen und personell durch Merkel entleerten CDU abgewandt, was die Wahlvorhersagen um die 22 % nun zu bestätigen scheinen.
Die Gesellschaft ist wie nie zuvor polarisiert und befindet sich in einem dauernden Erregungszustand. Der Zuzug von rund 1,4 Millionen Flüchtlingen und Migranten und deren kaum vorankommende Integration sowie gewaltige Umverteilungen von Vermögen und der Kampf um einen Verbleib in der gesellschaftlichen Mitte haben dazu beigetragen. Die Flüchtlingspolitik, die Energiepolitik, die Steuer- und Abgabenpolitik und die durch Merkel gestützte EZB- Politik der Nullzinsen haben zu Umverteilungen von Vermögen in Billionenhöhe geführt. Meisten zu Lasten der Ärmeren und der mittleren Bevölkerungsschichten. Zu Recht lässt sich so von einer Umverteilungskanzlerin sprechen.
Allein mit dem Erneuerbaren Energie Gesetz werden jährlich 25- 30 Milliarden Euro von den Strom- Haushaltskunden auf Produzenten von Solar,- und Windstrom, sowie Betreiber von Bioanlagen umverteilt. Viele Menschen sehen künftige Renten nicht mehr als sicher an, sehen das Rentensystem kollabieren, bzw. sehen ihre künftigen Renten auf einem Armuts-Niveau. Zu Recht fordern immer mehr Menschen ein ausgewogenes Rentensystem bei dem alle Bürger auch die Beamten eingebunden werden. Allgemein besteht das Gefühl, dass Regierung und Parlament ihre Privilegien schleichend verbessert haben. Um öffentlichen Diskussionen über Bezüge der Abgeordneten aus dem Weg zu gehen wurde ein Gesetz verabschiedet mit dem die Entschädigung der Abgeordneten automatisch jährlich zum 1. Juli angepasst wird. Dazu passt das der Bundestag sich von Wahlperiode zu Wahlperiode aufbläht und Deutschland nun vom größten Parlament der Welt (nach China) regiert wird, wobei die Parlamentarier nicht gewillt, oder unvermögend sind dies grundlegend zu ändern um von den derzeit 709 Parlamentarier wieder auf die Normalgröße von 598 zu kommen.
Verändert hat sich auch das Verhältnis zwischen Bürgern und Staat. Eine zunehmende staatliche Kontrolle und Misstrauen des Staates gegenüber seinen Bürgern hat Platz ergriffen. Viele Bürger befürchten eine weitere Dominanz des Staatsapparats mit dem Ziel den vollkommen gläsernen, bargeldlosen Bürger zu schaffen. Datenschutz hat keine Priorität mehr. Die Sperrspitze ist auf die Finanz- und Vermögenslage der Bürger gerichtet. Begründet wird es mit dem durchsichtigen Argument der Steuerhinterziehung. In Wirklichkeit geht es um immer mehr Steuereinnahmen, um Bürgerkontrolle und im Falle großer Krisen um den Zugriff auf das Vermögen von Bürgern, auch im Sinne einer staatsverordneten Umverteilung. Für diese Entwicklung stehen, die schleichende Abschaffung von Bargeld, zunächst des 500 € Scheins, der jederzeitige ungefragte Zugriff durch Finanzämter und andere staatliche Institutionen auf alle privaten Konten der Bürger, der Nachweis der Mittelherkunft bei Bareinzahlungen ab 10 000 € und ein neues zunächst in Baden- Württemberg eingeführtes Online- System mit dem Bürger den Finanzämtern anonym Hinweise auf Steuerbetrug geben können. Es sind Vorgänge, die wie Steuer- Stasi wirken und Denunziantentum mit Spaltung der Gesellschaft wie in der DDR fördern. Zum Glück hat das steuerliche „Petzportal“ nun auch den Wahlkampf erreicht.
Zu diesem Trend passt die zugenommene Aggressivität des Staates von seinen Bürgern noch mehr Steuern und Abgaben abzufordern, ganz im Sinne von Angela Merkel und Olaf Scholz. Dabei wurde mehrfach Gesetzesbruch in Kauf genommen. In mehreren Fällen konnte diese Raffgier erst durch Bürgerklagen und entsprechenden Verboten durch Gerichte unterbunden werden. Beispiele hierfür sind, das Jahrzehnte lange Festhalten am „Soli“ zur Aufbauhilfe Ost, die in den letzten Jahren nur noch eine unerlaubte milliardenschwere Steuerabzocke war, bis Gerichte dies dem Staat untersagt haben. Endlich nach 30 Jahren wird in 2021 der größte Teil abgeschafft. Der verbliebene Teil für „Reiche“ wird weiter über die Gerichte ausgefochten. Zweitens eine neue Besteuerung von Anlagepapieren, nach der Gewinne voll versteuert werden, Verluste jedoch nur noch sehr gegrenzt gegengerechnet werden können, drittens wucherhaft hohe Zinsen des Finanzamtes auf ausstehende Steuerzahlungen und schließlich mögliche Doppelbesteuerungen von Rentner. Die direkte und indirekte Steuer- und Abgabenlast hat ein Maß erreicht, nach dem die meisten Einkommensgruppen mittlerweile bis August eines jeden Jahres ausschließlich für Staat und Kommunen arbeiten.
Im Gegensatz dazu nehmen Parlamentarier für sich viele Sonderregelungen in Anspruch, predigen Wasser und trinken Wein. Das Parlament wird größer und größer, Nebeneinkommen werden unvollkommen offengelegt, Bereicherungen von Abgeordneten und politische Fehlleistungen mit Millionenverlusten wie im Mautgeschäft, bei der Maskenbeschaffung, bei der Finanzaufsicht (Wirecard- Fall), bei den Cum- Ex-Tricksereien, wo der Staat von den Gaunern vorgeführt wurde, bei der Anti- Geldwäsche Einheit die verschlafen hat einem Verdacht einer Terrorfinanzierung in Millionenhöhe nachzugehen und schließlich Versäumnisse beim Kraftfahrt – Bundesamt (Schummel- Software- Fall) werden möglichst ohne die Öffentlichkeit zu erreichen intern geregelt. Die Zeche zahlt jeweils der Steuerzahler. Bei Skandalen wie der Schummel- Software der Autoindustrie lässt man die Bürger, ganz anders als in den USA, einfach im Regen stehen. So hat sich zunehmend eine Schieflage entwickelt nach der der Staat schwierige Gemengelangen im Finanz-, Industrie- und multinationalem Konzernbereich bei denen es um Millionen- bis Milliardenbeträge geht laxer handhabt, bzw. erst gar nicht regelt, demgegenüber aber Vorgänge zur Bürgerüberwachung immer intensiver vorantreibt, bis hin zur Vorlage von Quittungen für Brötchen. Diese ungleiche Behandlung ist ein weiterer Grund für Bürgerverdrossenheit gegenüber der Politik.
Offenkundig ist auch die multikulturelle Veränderung der Gesellschaft. Zunächst ein Anliegen von Linken und Grünen, gefolgt von SPD und schließlich der Union unter Merkel mit dem Mitte- links- Drift. Der Gesellschaft wird politisch eine Veränderung verordnet, ohne hierzu einen entsprechenden breit angelegten Diskurs geführt zu haben.
Ein weiteres in der Merkel- Zeit entstandenes Problem- und Spannungsfeld ist die unter dem links- grünen Zeitgeist aller Parteien salonfähig gewordene aggressive Bevormundung und Umerziehung der Gesellschaft durch sognannte politische und gesellschaftliche Eliten, die meist im Beruf, Einkommen und Alter durch Pension gut abgesichert sind und Lebensrisiken dieser Form nicht kennen. Dabei zielt diese Entwicklung umfassend auf die zum Ansatz kommende allgemeine- und politische Sprache, die Gender- Schreib- und Sprechweise, die Neueinordnung geschichtlicher Vorgänge, auf Lebens- und Essgewohnheiten, den Umgang mit Energie und Verkehrsmitteln und auf den Umgang und die Gewöhnung an Migration und dem Leben in einer zunehmenden Multi- Kulti Gesellschaft. Wer nicht konformgeht wird gnadenlos an den moralischen und ethischen Pranger gestellt, oder einfach aus dem Diskurs ausgeschlossen. Hier zeichnet sich ein enormes gesellschaftliches Konfliktpotential ab. Wer bestimmt im Land die Lebensspielregeln, politisch- gesellschaftliche Eliten, oder der allgemeine Bürgerwille?
All dies hat in der Merkel- Ära zu zunehmender Verärgerung und Verdrossenheit gegenüber der Politik beigetragen und den Einfluss der großen Volksparteien geschmälert. Für die beiden großen Parteien ist es in der Zeit nach Merkel umso wichtiger ihre Markenkerne wieder sichtbar zu machen und sich auf die wirklich relevanten Aufgaben der Zeit zu konzentrieren, als einem wählerkonformen Zeitgeist nachzulaufen, zumal dieser schneller drehen kann als die Tanker der beiden „noch“ Volksparteien.
Die Zukunft wird zeigen wie Angela Merkels Energiewende und die Migrations- und Einwanderungspolitik langfristig bewertet werden und ob darüber hinaus etwas von ihr Bestand haben wird.