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Fremdbestimmte Demokratie?

Teil 1 Finanzsystem und Finanzmärkte

Hat Deutschland eine starke, schwache oder womöglich eine fremdbestimmte Demokratie? Mit Blick auf unsere Verfassung, die ein verlässliches Fundament unseres demokratischen, werteorientierten und sozialen Rechtstaates darstellt und unter Würdigung der fast 70. jährigen Erfolgsgeschichte des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik eine starke Demokratie. Entsprechend wird wohl der Tenor im Bundestag zu den Feiern zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes im Mai nächsten Jahres ausfallen. Zu erwarten ist aber, dass es aufgrund veränderter Machtverhältnisse im Bundestag und zunehmender Demokratiekritik aus der Bevölkerung nicht ganz so unbeschwert wie in den Jahrzehnten zuvor von statten geht. Fragen nach dem, wieso konnte der rechte Flügel so stark werden, wieso gibt es auf der linken Seite großen Unmut und zunehmende Gewalt und wieso schmelzen die Prozentsätze der beiden großen demokratischen Parteien seit vielen Jahren unaufhaltsam wie Butter in der Sonne dahin, stehen im Raum. Nach der letzten Sonntagsumfrage zur Bundestagswahl am 12. Februar kommen CDU und SPD gemeinsam nur noch auf lumpige 46 % (CDU 29,5%, SPD 16,5%) der Wählerstimmen, eine katastrophale Abstrafung durch die Bürger die damit ihren Überdruss über das unendliche Taktieren und die Vorteilssuche bei der Regierungsbildung zum Ausdruck bringen. In jeder halbwegs gut geführten Unternehmung würde bei einer solchen Bilanz die gesamte Führung schon längst geschasst worden sein und man würde sich wieder auf sein Kerngeschäft konzentrieren. Das scheint im Politikbetrieb, bei den Parteien und im Parlament nicht möglich zu sein, da zunehmend die politische Aufgabe des Dienens für die Demokratie durch das Bestreben um Macht und Vorteilsnahme überlagert wird, womit sich die Spirale der Demokratieverdrossenheit weiterdrehen wird. Die Matadoren Merkel, Schulz und Seehofer stehen für diese Entwicklung Pate, junge Politiker werden von den „Alten“ an der kurzen Leine geführt.

Nach dieser allgemeinen Feststellung zur momentanen Demokratieverfassung, soll der konkreten Frage aus dem globalen Wirtschaftsleben nachgegangen werden, ob unsere demokratisch gewählte Regierung im Rahmen ihres Regierungshandelns wehrhaft genug und jederzeit in der Lage ist alle Wirtschaftssubjekte einschließlich die Geldversorgung durch Gesetze, Regeln und Rahmenbedingungen so zu steuern, dass keine unzulässig hohen Bedrohungen entstehen können in deren Folge es zu großen wirtschaftlichen und politischen Instabilitäten kommen kann? Also Ereignisse die eine starke Rezession auslösen können mit entsprechend hoher Arbeitslosigkeit, Firmen – und Privatinsolvenzen, oder Ereignisse die zu einer inflationären Geldentwertung mit hohen Vermögensverlusten führen können. Die Antwort darauf ist kein erwartungsmäßiges eindeutiges ja, sondern ein erschreckend klares nein.

Die politische Steuerung unseres sozialen Marktwirtschaftssystems zeigt zunehmend Schwächen die sich darin äußern, dass die Politik auf einige volkswirtschaftliche Bereiche praktisch keinen Einfluss mehr hat. So entziehen sich das Finanzsystem, also das Zusammenspiel von Banken, Versicherungen, Hedgefonds, Währungsfonds, Private Equity etc., und teilweise auch der Finanzmarkt (Geld, Wertpapiere, Kredite, Devisen) und die Geldpolitik der Zentralbanken zunehmend der politischen Steuerung und der demokratischen Kontrolle. Die Kräfteverhältnisse haben sich völlig verschoben und vor den sogenannten Finanzmärkten, der Finanzmacht zittert die Politik. Ausdruck dieser Angst sind seit der weltweiten Finanzkrise bis heute allseits gängige Aussagen von Landes-, Bundes-, und Europapolitikern wie, wir müssen die Finanzmärkte in den Griff bekommen, wir müssen Auffangnetze für neue Finanzkrisen spannen, die Finanzmärkte werden nervös wir müssen gegensteuern, Finanzmärkte beginnen wieder gegen Länder zu spekulieren und so weiter und so weiter. Die Politik hat sich Jahrzehnte lang gemein mit den Finanzmärkten gemacht, sie immer weiter dereguliert, sich ihre Schuldenpolitik finanzieren lassen und hat sich so in eine erschreckende Abhängigkeit begeben.

Spätestens mit Beginn der Immobilienkrise in den USA in 2007 in deren Folge es ab 2008 aufgrund der weltweiten Streuung und Weitergabe von versteckten Anlagerisiken in Finanzprodukten und Subprime- Krediten (nicht erstklassige Hypothekenkredite) zur Hypothekenkreditkrise, Anleihekrise , Bankenkrise und schließlich zur allumfassenden Finanzkrise mit für einzelne Staaten systemrelevanten Staatsrisiko kam, ist in Deutschland jedermann bewusst, dass unser Staat, ja ganz Europa, das Geschehen an den Finanzmärkten nicht mehr im Griff haben. Zur Beruhigung der Bevölkerung und zur Vermeidung eines Bankenruns wurden damals von der Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Finanzminister Peer Steinbrück Appelle an die Bevölkerung gerichtet Ruhe zu bewahren und ein Versprechen zur Sicherheit des Gesparten auf den Konten abgegeben. Bedarf es eines noch deutlicheren Zeichens eines vollkommenden Kontroll- und Machtverlustes der Politik, ja ganzer Staaten gegenüber der Macht des Geldes?

Um den Zusammenbruch der Wirtschaft und um politische Turbulenzen zu vermeiden wurden in aller Eile die Schäden der durch einen Turbokapitalismus, durch maßlose Banker- Gier und maßlose Boni- Systeme in den Bankrott gewirtschaftete Großbanken von Staaten mit dem Geld der Bürger gerettet. Nach Schätzung der Europäischen Zentralbank wurden dafür in Europa 475 Mrd. € aufgebracht. Dem deutschen Steuerzahler kosteten die Rettungsaktionen 236 Mrd. €.  Ungeschoren kamen die verantwortlichen Banker des Finanzcrash davon. Die Banken wurden nicht, wie in allen anderen Industriezweigen üblich entsprechend dem Insolvenzrecht abgewickelt und bei grob fahrlässigem Handeln die Verantwortlichen verurteilt. https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/04/05/banken-rettung-kostet-deutsche-steuerzahler-236-milliarden-euro/

Nach dieser gewaltigen Steuerverschwendung, die den Bürgern von Angela Merkel wieder und wieder als alternativlose Banken-, Euro- und Staatsrettung verkauft wurde und in deren Folge sich die Partei „Alternative für Deutschland“ gründete, wurde versprochen das Finanzsystem neu zu regulieren und die Finanzmacht der Jongleure in Banken, Versicherungen, Hedgefonds, Private Equity etc. so zu begrenzen und das System so umzustellen, dass bei erneuten Schieflagen von Banken keine Steuergelder mehr zur Rettung, oder Abwicklung von Banken eingesetzt werden müssen. Banken- und Eurorettungspakete sollten der Vergangenheit angehören und die Hochfinanz sollte gezähmt werden.

Mit der Festlegung eines höheren Eigenkapitalanteil in den Banken, der Schaffung des Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM in 2012 zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit der Euro-Länder bei zeitweiligen Finanzierungsproblemen (Stammkapital 700 Mrd. €, davon 80 Mrd. € Bareinlagen, Deutschland Stimmrecht und Haftungsanteil 27,1 %) und der 2014 gegründeten Europäischen Bankenunion zur Finanzmarktaufsicht, Sanierung und Abwicklung von Banken ist man ein gutes Stück vorangekommen.

Ob damit in Zukunft wirklich neue steuerfinanzierte Euro- und Bankenrettungspakete vermieden werden können ist jedoch stark zu bezweifeln, da erstens, wie in Europa mittlerweile üblich selbst gesetzte Regeln nicht eingehalten werden (2017 wurden die spanische Bank Banco Popular, die italienischen Banken Monte dei Paschi, Banca Veneto und die Banca Populare di Vicenza insolvent. Trickreich hat die EZB die Einstufung zur Systemrelevanz verändert, so dass die Staaten mit Steuergeldern einspringen konnten) und zweitens bei den neuen Maßnahmen die bisherige Grundphilosophie, Bankenrettung vor Abwicklung und Insolvenz, nicht geändert wurde. Auch ist die systemrelevante Macht von Banken und großen Kapitalfonds nicht gebrochen worden. Man spielt weiterhin das Spiel des Banken- und Euro- Rettens über große steuerfinanzierte Geldtöpfe, jedoch mit dem Unterschied zu früher, dass man diesmal schon vorher den Topf bereits mit Milliarden von Steuergeldern gut gefüllt hat.

Warum gelingt es der Politik in Deutschland und der europäischen Union nicht das Finanzsystem durch Gesetzesvorgaben und Regeln so radikal zu verändern und zu stabilisieren, dass ihr Handeln und ggfs. Scheitern für Staaten nicht mehr systemrelevant werden kann? Man kann auch die Frage so stellen, was entmachtet demokratische Staaten, Regierungen Parlamente, Abgeordnete so sehr, dass sie sich vor den Karren der Hochfinanz, der Finanzelite spannen lassen?

  • Warum trennt man nicht wieder die Universalbanken in Geschäftsbanken mit überschaubaren Geschäften der Geldannahme und Vergabe von Krediten und damit geringem Risiko und Investmentbanken mit weitaus höheren Risiken im Derivatehandel, mit Finanzprodukten, Finanzspekulationen Hebelprodukten etc. und lässt dann Investmentbanken Pleite gehen, wenn sie sich verspekuliert haben? (Trennung wurde nach der großen Depression in den 30er Jahren eingeführt und im Rahmen der Bankenderegulierung ab den 70er Jahren wieder abgeschafft). Das Geld der allgemeinen Bevölkerung wäre in den Geschäftsbanken davon nicht betroffen. Bei Universalbanken haftet praktisch der Bürger für Spekulationen im Investmentbereich mit und die Banken sind sich sicher, bei Schieflagen immer wieder von der Politik gerettet zu werden. So werden Staaten zu Geiseln, ein zutiefst undemokratische Zustand.
  • Warum begrenzt man die max. Größe von Banken nicht auf ein im Falle eines Bankrotts Staatsrisiko irrelevantes Maß? Warum erlaubt man den Banken eine so große Machtkonzentration, wo ansonsten in der Industrie über das Kartellamt höllisch darauf geachtet wird, dass keine zu große marktbeherrschende Stellung entstehen kann? Im Bankensystem duldet man dagegen eine Staaten beherrschende Machtkonzentration. So hatte z.B. die Deutsche Bank 2016 einen Derivatebestand von unglaublichen 46 Billionen €, dass 17 fache der gesamten jährlichen deutschen Wirtschaftsleistung, bzw. 4 fache der europäischen Leistung. Liegt hier eine völlige Inkompetenz, Hilflosigkeit, oder Manipulation der politischen Führungsebenen vor? https://www.focus.de/finanzen/experten/weik_und_friedrich/deutsche-bank-bei-einer-pleite-droht-finanzkrise-von-unvorstellbarem-ausmass_id_6005098.html
  • Warum wurde und werden gerade bei systemrelevanten Banken Regel- und Gesetzesbrüche durch lügen, betrügen, manipulieren (Bildung krimineller Kartelle, Manipulationen von Zinsen / Libor, Manipulation von Währungskursen und Edelmetallpreisen, Verkauf bewusst versteckter Risiken in Derivate, etc., etc.) nicht schneller und stärker geahndet und warum gibt es bei Verurteilungen fast immer nur Geldstrafen, oft in hohen Millionen Summen, ja Milliarden, aber keine Haftstrafen wegen Betrugs und Insolvenzverschleppung? So ist beispielhaft die Deutsche Bank in mehr als 7000 Prozesse verwickelt und hat bereits mehrere Strafen in Milliardenhöhe gezahlt. Geldstrafen jucken die Verantwortlichen nicht, letztlich werden sie durch die Bankkunden und Aktionäre gezahlt, wobei Boni und Spekulationsgewinne der Banker meistens davon nicht betroffen sind. Sind die Bankenaufsichten zu schwach, oder zu nachsichtig, oder befangen?
  • Warum schafft man die Steueroasen, besser ausgedrückt die Steuerparadiese nicht endlich ab? Wie kann es sein, dass Bürger und kleine Unternehmen immer gläserner gemacht werden und auf Cent genaue Staatssteuertreue getrimmt werden, wohingegen große Unternehmen in Steueroasen, auch in Europa (z.B. Kanalinseln Guernsey und Jersey, Malta, Madeira, Niederlande, Irland etc. ), Steuern in Milliardenhöhe vermeiden, bzw. gar keine Steuern zahlen? Warum lässt man dieses Schmarotzertum zu? Warum werden nicht die Kartell-, Wettbewerbs- und Steuergesetze in Deutschland und der EU insgesamt entsprechend geändert? Was haben deutsche Großunternehmen in Steueroasen zu suchen, warum bietet man ihnen solche Steuerschlupflöcher? Warum ist Peter Altmaier, Finanzminister, mit den gemachten Fortschritten in Europa zufrieden? https://www.welt.de/wirtschaft/article171304135/EU-prangert-Steueroasen-an-nur-nicht-die-eigenen.html
  • Warum hat sich auch nach der Veröffentlichung der sog. Paradise Papers mit Namen von 1000senden von Steuerhinterziehern nichts geändert. Ein Schulterzucken und der Hinweis darauf, dass im Wesentlichen legale Möglichkeiten der Steuergesetze in „Oasenländer“ ausgeschöpft wurden. Warum wurde kein Gesetz in Deutschland und Europa geschaffen, dass die Nutzung von Briefkastenfirmen in Steueroasen untersagt? Warum wird nicht gesetzlich festgelegt, dass die Firmen in dem Land ihren vollen Steuersatz zu zahlen haben, wo sie ihre Wertschöpfung mit der Kraft der dort ansässigen Bevölkerung produzieren. Die Misere des Steuervermeidens kommt paradoxerweise sehr schön in der öffentlichen Kritik dass weltweit bekanntesten Multi- Milliardär, Warren Buffet, an den Amerikanischen Senat zum Ausdruck, bei dem er sich darüber beschwerte, dass seine Sekretärin und alle anderen Angestellten in seinem Büro prozentual auf ihr Gehalt erheblich mehr Steuern zahlen als er als Milliardär und diese  Beschwerde war noch vor dem großen Steuersenkungspaket von Donald Trump.

All diese Fragen ohne Antworten lassen nur den Schluss zu, dass unser Staat und auch Europa in relevanten Bereichen keine wehrhafte Demokratie sind, da sie anscheinend zu schwach sind die für die langfristige volkswirtschaftliche Entwicklung wirklich relevanten Entscheidungen im Finanz-, Steuer-, und Bankensystem und damit im Wirtschaftsleben durch Gesetzgebung und Rahmenvorgaben so zu gestalten, dass die Risiken dieser Systeme auf ein hinnehmbares Maß reduziert werden. Die Politik ist nicht mehr Herr des Geschehens. Investmentbanken arbeiten wie superspekulative Hedgefonds mit großen Hebeln hoch spekulativ zum Teil zur privaten Bereicherung und laden die Risiken auf den Staat den Steuerzahler ab und international tätige Großunternehmen zahlen im Gegensatz zu Staatsbürgern und kleineren Unternehmen keine, oder kaum Steuern. Diese vom Staat geduldeten Verhältnisse schüren bei den Bürgern immer mehr Zweifel an unserem Gesellschaftssystem und untergraben langfristig die Legitimität unseres Staates, also unsere Demokratie, da sie wehrlos erscheint.

Wir haben hier ein krankes System der Hochfinanz, des Geld-, Finanz,- und Industrieadels einschließlich deren Lobbyisten, die Entscheidungen der Politik zu ihrem Vorteil wesentlich mitbestimmen. Die wirklich wichtigen Entscheidungen werden in einigen Bereichen unserer Volkswirtschaft nicht im Parlament getroffen sondern durch die Macht des Geldes bestimmt. Insofern haben wir in diesen Bereichen keine Demokratie sondern eine Scheindemokratie, oder besser gesagt eine Plutokratie, nämlich eine Herrschaft des Geldes.  Die Auswirkungen dieser Plutokratie auf die Gesellschaft sind eine

Wahrscheinlich wird das kaputte Finanzsystem und die sich austobenden Finanzmärkte neue schwere Finanz-, Euro-, und Staatskrisen hervorbringen. Wo sind die politischen Maßnahmen von Deutschland und Europa dies zu verhindern?

Der zweite Teil befasst sich mit dem „demokratischen Verhalten“ der  Europäischen Notenbank.

Schwere Zeiten für Angela Merkel

Mit dem Koalitionsvertrag haben sich die drei Verhandlungsführer Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer ihre Macht gesichert, zumal alle drei bei einem Scheitern relativ schnell in der Versenkung verschwunden wären. Die Kanzlerin hatte eine Minderheitsregierung unter ihrer Führung ausgeschlossen, Horst Seehofer´s Ende in Bayern war eingeleitet und Martin Schulz war am Ende seiner kurzen SPD Vorsitzenden – Zeit angekommen, was sich jetzt auch bestätigt hat. Tausendmal haben wir von Martin Schulz gehört keinen Ministerposten anstreben zu wollen und je häufiger er sich dazu äußerte desto klarer war, dass der Mann ein doppeltes Spiel betreibt, Ministerposten und Schlüsselministerien für die SPD. Hut ab, mit dem Außenministerium, dem Finanzministerium, dem Arbeits- und Sozialministerium und dem Justizministerim bestimmt die SPD ganz maßgeblich die Richtung der künftigen Regierungspolitik und Horst Seehofer bewerkstelligt mit dem Innenministerium einschließlich dem erweiterten Ressort Bau und Heimat den Rest deutscher Politik. Die CDU bleibt auf der Strecke und darf mit dem Wirtschaftsministerium das im Koalitionsvertrag bereits genehmigte Geld ausgeben, im Gesundheitsministerium sich mit einer Gesundheitskommission um Krankenversicherung einschließlich Arzthonorare kümmern und im Bildungsministerium die seit 10 Jahren immer wieder zugesagte Digitalisierung Deutschlands vorantreiben (11 Mrd. € sind im K-Vertrag eingeplant). In Gänze erhalten CDU und SPD je 6 Ministerien und die CSU drei.

Mit dem Koalitionsvertrag und der erneuten GroKo unter Angela Merkels Führung  hat das Ende der Herrschaft von Angela Merkel begonnen. Für diese These sprechen eine ganze Reihe von zu erwartender Konfliktfelder.

  1. Die eklatante Machtverschiebung in der neuen Regierung von der CDU hin zur SPD wird zu erheblichen Spannungen innerhalb der CDU führen, zumal viele CDU Leute politischen Einfluss und gut dotierte Posten verloren haben.
  2. Mit Andrea Nahles als künftige Partei und Fraktionsvorsitzende hat Angela Merkel eine starke, kampferprobte, erfrischende Gegenspielerin, die sich nicht wie in den letzten beiden GroKo die Butter vom Brot nehmen lassen wird und Erfolge auch als die ihrige bzw. die der SPD verkaufen wird. Dies wird die SPD stärken und die CDU schwächen. In die gleiche Kerbe wird auch Martin Schulz schlagen.
  3. Über Horst Seehofer wird sich die CSU als Partei des Rechts und der Ordnung profilieren. Seehofer hat damit den jahrelangen Streit mit Angela Merkel in der Flüchtlingspolitik für sich entschieden.
  4. Die neue Europapolitik von Angela Merkel und Martin Schulz wird bei den Vorhaben zu Eurozonen – Budget, EU – Haushalt, EU – Bankensystem und EU – Währungsfonds zu erheblichen Spannungen in der CDU und CSU führen. Sie werden die plötzliche Abkehr von dem Jahrzehnte lang von der deutschen Politik geprägten und auch im Euro – Dublin- Vertrag festgeschriebenen Subsidiaritätsprinzip nicht akzeptieren. Gerade Wolfgang Schäuble war in den letzten Jahren ein zuverlässiges Bollwerk gegen die immer wiederkehrenden zuvor genannten EU – Forderungen. Die Vergemeinschaftung des Risikos aller systemrelevanten europäischen Banken lehnte er strickt ab, da Deutschland das mit Abstand höchste Ausfallrisiko schultern müsste und die Mittelmeerländer geschickt ihre nach wie vor bestehenden Hunderte von Milliarden fauler Kredite ablagern könnten. An dem Grundsatz der Eigenverantwortung und Haftung der einzelnen Staaten und Banken für ihre Entscheidungen wurde immer festgehalten, auch von Angela Merkel. Um die GroKo zu ermöglichen und an der Macht zu bleiben soll das nun alles Schnee von gestern gewesen sein? Selbstbestimmung, Eigenverantwortung, Risiko und Haftung für Steuern, Haushalt und Finanzen kann man nicht einfach an der Garderobe ablegen, das Portemonnaie für jedermann öffnen und zur Transferunion mit dem Deutschen als dummen Zahl – Michel übergehen.
  5. Dazu kommt noch der unter Angela Merkels langer Parteiführung zunehmende Kompetenzverlust der CDU, die immer schwächer werdende Personalstruktur und die immer weitergehende Aushöhlung der Grundsätze der CDU. Die Wahlergebnisse stehen für diese Entwicklung und es stellt sich die Frage, wie lange die Partei dies noch mitträgt

Unabhängig davon, wie die politische Zukunft Angela Merkel aussehen wird enthält der GroKo-Vertrag eine Reihe guter Ansätze deren politische Umsetzung möglichst schnell erfolgen sollte, wie die nun endlich kommende Digitalisierung Deutschlands, die wieder einmal geplante große Bildungsinitiative, die Gebäude – und Ausstattungsinvestition in Schulen und Hochschulen, die Eindämmung der brutalen sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen, die Wiedereinführung der paritätisch getragenen Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassenbeiträge durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die flächendeckende Ausweitung der E- Ladestruktur und die Stärkung der Bahn, die Wohnungsbauförderung für Familien, die Stärkung der inneren Sicherheit und die Verbesserung der europäischen Verteidigungsbereitschaft, sowie die Stärkung der europäischen Grenzen.

Es gibt genug zu tun, hoffen wir, dass die Dinge nun auch von der Politik kraftvoll angepackt und umgesetzt werden.

Minderheitsregierung oder Neuanfang ohne alte Führungsriege

Die unendliche Hängepartie bei der Regierungsbildung ist Ausdruck der politischen Lähmung, der Ideenlosigkeit, des Innovationsverlustes, der Abgestumpftheit gegen Kritik, der fehlenden Offenheit für Neues und der auf Krampf versuchten Machtsicherung der großen drei Verlierer Angela Merkel, Martin Schulz und Horst Seehofer durch Einigelung in einer erneuten großen Koalition. Aus diesem Debakel sollte man den Schluss ziehen, eine Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanzlers bzw. der Bundeskanzlerin auf zwei Legislaturperioden, gegebenenfalls zweimal je 5 Jahre vorzunehmen. Dies würde die Demokratie, die Wahlen und die Parteien beflügeln und es würde junge Politiker aus der Reserve locken, die unter dem verknöcherten Selbsterhaltungssystem der politischen Führungsriege befürchten mussten geköpft zu werden, wie die Vergangenheit des Öfteren gezeigt hat. Es würde dazu führen, dass die „alten Haudegen“ in den Parteien Nachwuchsförderung betreiben würden und nicht mehr so sehr das eigene Terrain gegen Konkurrenten verteidigen müssten. Ganz besonders aber hätte es den Vorteil, dass der Kanzler / die Kanzlerin zumindest in der zweiten Legislaturperiode selbstbestimmter ohne Rücksichtnahme auf ihre Partei und Umfragewerte regieren könnte. Es würde neuen Schwung, neue Ideen, neue Konzeptionen, lebhaftere Wahlkämpfe hervorbringen und die Bevölkerung sowie junge politisch interessierte Menschen wieder für Politik offener machen. Es wäre das Ende eines Zeitalters in dem eine ganze Generation nur einen Kanzler, eine Kanzlerin kennen würde und es es wäre das Ende unendlich lange abgenutzte Floskeln hören und immer wieder die gleiche Gestik sehen zu müssen.

In der jetzigen Situation sollte Angela Merkel entweder mit einer Minderheitsregierung regieren (Chance zu zeigen was in ihr steckt, abkupfern und aussitzen gehen dann nicht mehr), oder auf eine erneute Kandidatur verzichten damit die bestehende Verkrustung aufgebrochen und einer geänderten Koalitionsbildung neue Chancen eröffnet werden können. Nur so lassen sich die Bedenken vieler Politiker und Parteimitglieder von SPD und FDP gegen eine Koalition unter der Kanzlerschaft von Angela Merkel beseitigen. Schlecht wäre eine erneute große Koalition unter Angela Merkel in der man es sich erneut ohne nennenswerte Opposition bequem einrichtet und am Parlament und am Volk vorbeiregiert.

Wo wir nach 12 jähriger Regierungspolitik von Angela Merkel stehen und welcher Handlungsbedarf daraus abgeleitet werden könnte, zeigt die folgende Auflistung:

  • Die Wirtschaft brummt seit vielen Jahren, die Arbeitslosigkeit ist sehr niedrig und die Bundesschulden stagnieren bzw. waren 2017 sogar leicht rückgängig. Diese erfreuliche Situation hat Angela Merkel als ihr Aushängeschild vermarket wohlwissend, dass sie dazu nur wenig beigetragen hat. Vier Faktoren haben den anhaltenden wirtschaftlichen Aufschwung bewirkt, nämlich die jahrelange grenzenlose Geldflutung der Märkte durch die Zentralbanken, die jahrelange Nullzinspolitik, die niedrigen Energiepreise bei Öl und Gas und schließlich das große Heer von fast 9 Mio. Beschäftigten im Niedriglohnbereich, die von ihren Einnahmen nur schwerlich leben können, geschweige denn noch etwas für ihre Altersvorsorge übrig haben. Nur zu letzteren haben deutsche Politiker mit ihrer Gesetzgebung beigetragen und darauf können sie nicht wirklich stolz sein.
  • Die Aussage „brummende Wirtschaft“ gilt nur für die sog „Old Ökonomie“ mit Autoindustrie, Chemie und klassischen Maschinenbau. Die Internetrevolution wurde komplett verschlafen. Amazon, Alphabet, Apple, Facebook, Google, Netflix, PayPal, Uber, WhatsApp etc. dominieren mit Abstand die Weltmärkte. Deutschland ist mit wenigen mittelgroßen Firmen (SAP, Infineon etc.) weit abgeschlagen und bei der neuen Industrierevolution, der Industrialisierung 4.0 mit Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Robotertechnik droht Deutschland erneut den Anschluss zu verpassen. Die Wirtschafts- und Arbeitswelt wird gerade neu geschaffen (Internetsysteme, Zahlungssysteme, digitale Kauf – und Verkaufssysteme, selbstlernende Computer, künstliche Intelligenz, digitale Sprachsysteme, Systemlösungen durch Interaktion, Datenanalyse und Algorithmen etc.) und die Welt wartet nicht auf uns bis die amtsführende Regierung, die Parteien ihre Sondierungen abgeschlossen haben. Angela Merkel klebt an der Macht und hat in den letzten 12 Jahren keinerlei Lösungsvorstellungen entwickelt wie sie auf diese gewaltigen Veränderungen,die noch dazu mit einer alternden Gesellschaft einhergehen, reagieren soll. Es ist schwer zu glauben, dass sich dies nun schlagartig ändern könnte. Anstatt Kompetenz als Rohstoff für eine weiterhin florierende Wirtschaft zu verstehen und die grundlegenden Voraussetzungen für die nachrückende Generation in Schulen und Universitäten zu schaffen, wurde und wird palavert und palavert und wurde bereits ein ganzes Jahrzehnt verschlafen. Missstände im Bildungswesen wohin man blickt. Wo ist das seit Jahren versprochene Highspeed – Internet im gesamten Schulwesen und im Universitätsbereich, wo für jedem Privatmann? Wo stehen wir in der Digitalisierung von Prozessen, wo sind die dringend benötigten kompetenten Lehrer im Internetbereich, der Programmierung und zur Unterrichtung von Wirtschaft – und Finanzkundefächer? Wo sind die modernen Infrastrukturen an den Schulen und Universitäten, wo kleine Klassen und Lehreinheiten in denen lernen und studieren Freude macht? Wenn es nicht gelingt diese Bildungskompetenz innerhalb weniger Jahre aufzubauen, wenn es nicht gelingt Internet und Wirtschaftskompetenz zügig zu schaffen, scheitert Deutschland und wir werden wieder zum „armen Mann Europas“. Die hohen Steuereinnahmen, also das Geld der Bevölkerung, muss endlich zukunftsbringend angelegt werden und nicht nach dem Lobbyisten- Prinzip für Subventionen an Firmen, oder für Aufrüstung, oder eine verfehlte Umweltpolitik, oder verfehlte Einwanderungspolitik, oder für einen ausufernden Bundestag, verplempert werden. Eine wirklich gelebte und im Bundesbudget nachvollziehbare Know – how – Offensive muss die Direktive der Zukunft sein. Deutschlands Universitäten, Forschungsanlagen und Firmen müssen attraktiv werden für die Besten Köpfe der Welt. Eine Abwanderung ins Silicon Valley können wir uns nicht länger leisten. Wir brauchen Zuwanderung von Spitzenfachkräften und in dem Sinne nun endlich auch ein attraktives Einwanderungsgesetz. Bildung darf nicht wieder eine Frage des Geldbeutels werden, aber wir sind auf dem besten Weg dahin, wie die Tendenz zu immer mehr Privatschulen zeigt.
  • Die seit Jahren in den Grundschulen abnehmende Lese, Schreib – und Rechenfähigkeit der Schüler ist ein weiteres Problem welches dringend gelöst werden muss, da diese Schüler sonst im  Jugend- und Erwachsenenalter an den Anforderungen der Industrie 4.0 mit Sicherheit scheitern werden. Schönreden in 16 Kultusministerien und einem Bundesministerium für Bildung und Forschung und immer wieder neue Feldversuche mit neuen Lernkonzepten in den Schulen sind der falsche Weg.
  • Die Rentenentwicklung ist mit einem sinkenden Rentenniveau 1985 57, 4 %; 2005 52,6 %; 2017 48 % %, 2020 47% und 2030 ungefähr 43 % netto vor Steuern) und steigenden Beitragssätzen (2016 18.6%; 2025 20,1%) fatal und noch fataler ist, dass diese drastischen Maßnahmen noch nicht ausgereicht haben, den Rentenhaushalt ausgeglichen zu betreiben. Die Rentenausgaben sind seit Jahren höher als die Renteneinnahmen. In 2016 (Ausgaben 283 Mrd. €) lag die Differenz bei gewaltigen 64 Mrd. € die aus dem Bundeshaushalt beglichen werden musste. Diese Quersubventionierung durch Steuern wird problematisch wenn die Steuern bei der nächsten Wirtschaftsrezession nicht mehr so stark sprudeln sollten. Steigt dann der Rentenbeitragssatz noch stärker als geplant, oder wird das Rentenniveau noch weiter gesenkt als bereits heute vorgesehen? Fragen auf die die Menschen dringend seriöse Antworten brauchen . Die Durchschnittsstandardrente mit 45 Versicherungsjahre beträgt heute 1263 € Netto vor Steuern. http://www.deutsche-rentenversicherung.de/Allgemein/de/Navigation/6_Wir_ueber_uns/02_Fakten_und_Zahlen/02_kennzahlen_finanzen_vermoegen/1_kennzahlen_rechengroe%C3%9Fen/standardrente_rentenniveau_node.html
  • Das Eintreiben von Steuern und Abgaben hat maßlose Züge angenommen. Deutschland hat nach Belgien die höchste Steuer und Abgabenlast der 34 OECD-Länder. Die Relation zwischen privaten und staatlichen Ansprüchen ist außer Kontrolle geraten und hat mittlerweile Abzockermaßstäbe erreicht. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler (BdSt) Anfang 2017 lag die Belastung der Arbeitseinkommen für Singles bei 45,2% und für Familien (Doppelverdiener 2 Kinder) bei 21,7%. Addiert man hierauf noch die speziellen Verbrauchssteuern, die Mehrwertsteuer auf Konsum und die kommunalen Steuern und Gebühren kommt der Single auf rund 63% und der Doppelverdiener auf 49% an Steuern und Abgaben seines Arbeitseinkommens. Ein Single arbeitet somit bis Mitte August und ein Familien – Doppelverdiener bis Ende Juni eines jeden Jahres ausschließlich für Staat und Kommunen bevor sie den ersten Euro für ihre eigenen Bedürfnisse verdienen.
  • Bei der Einkommensverteilung und dem Vermögen der Deutschen hat die Ungleichheit weiter zugenommen. Die Einkommensunterschiede zwischen Arm und Reich werden von Jahr zu Jahr größer, so dass heute auf die obersten 10 Prozent der Haushalte 40 Prozent aller Einkommen entfallen, ungefähr so, wie die Verhältnisse vor dem Ersten Weltkrieg waren. Statistisch gesehen ist Deutschland ein reiches Land, aber im Medianwert (Zentralwert genau in der Mitte aller Einkommen) des Geldwerten Vermögens für Erwachsene liegt laut dem Global Wealth Report des Credit Suisse Reserch Institue Deutschland mit 47 000 $ weit abgeschlagen hinter Griechenland mit 55 000$, den Niederlanden mit 94 000 $, Frankreich 120 000$, Italien 125 000$ und Belgien 168 000$. Nur Portugal liegt mit 38 000$ in den alten Ländern der EU hinter Deutschland. Ist das „ Deutschland – ein Land in dem wir gut und gerne leben“ ? Mehr Bildung, ein größeres Verständnis über Wirtschaft und Finanzen, wieder Zinsen auf Geldanlagen, eine angemessene Bezahlung der Geringverdiener, eine Minderung der Steuer- und Abgabenbelastung (Soli, kalte Progression etc.) und eine  achtsamere und effektivere Verwendung der Steuereinnahmen würde erste Verbesserungen  bringen. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/einkommensverteilung-deutschland-ist-so-ungleich-wie-vor-jahren-1.3791457 
  • Deutschen Politikern ist es gelungen trotz mittlerer Größe des Landes das größte Parlament der Welt zu schaffen. Noch mehr Ineffizienz des Parlaments und noch höhere parlamentarische Ausgaben für Vergütung der Abgeordneten und – Mitarbeiter, steuerfreie Kostenpauschalen, opulente Pensionsansprüche, Fraktionszuschüsse, Entschädigungen etc. sind damit vorprogrammiert. Die parlamentarischen Ausgaben (2018 517 Mio. €) ließen sich gemäß dem Bund der Steuerzahler um jährlich rund 75 Mio.€ pro Jahr verringern, wenn das Parlament mit der gesetzlichen Soll-Stärke von 598 Sitzen ausgestattet wäre. Seit Monaten müssen nun 709 Abgeordnete im Bundestag Däumchen drehen. Nein nicht ganz, die Diätenerhöhung hat man sich im Dezember schon mal genehmigt. Dies geht ohne große Aussprache, automatisch per Gesetz. Der Mechanismus ist eine Schande für das Parlament, denn wo gibt es für die Menschen in Deutschland Gehaltserhöhungen ohne Bewertung der Leistung, die entweder in den Tarifverhandlungen stattfindet, oder persönlich mit dem Arbeitgeber ausgetragen werden muss. http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestag-beschliesst-diaeten-erhoehung-fuer-abgeordnete-a-1183161.html
  • Anspruch und Wirklichkeit klaffen in der Umweltpolitik immer weiter auseinander. Auf dem Umweltgipfel in Bonn im Dezember 2017 war das Scheitern der teuren, ineffektiven deutschen Umweltpolitik für jedermann offensichtlich. Seit 10 Jahren gibt es keine Verbesserung in der CO2 Bilanz und die hohen NOX-Werte in deutschen Städten sind mittlerweile Thema der EU-Kommission und verschiedener Gerichte.In der Energieerzeugung wurde die sozialistische Planwirtschaft mit Ausgrenzung innovativer Energieerzeugungsmöglichkeiten und die Subventionierung der erneuerbaren Energie durch die Bevölkerung in der Größenordnung von 25 Milliarden € pro Jahr, d.h. 500 Milliarden € in 20 Jahren (vom Staat garantierter Subventionierungszeitraum) eingeführt. Eine riesige Umverteilungslawine von Vermögen vom kleinen Haushaltsstromverbraucher auf weinige investitionsstarke Gutverdiener und clevere Bauern /Grundstücksbesitzer  wurde im Rahmen des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG) in Gang gesetzt, eine Umverteilung von unten nach oben. Marktregeln wurden komplett außer Kraft gesetzt, das Stromnetz wurde destabilisiert und bei Stromabgaben ins benachbarte Ausland zahlt Deutschland bei bestimmten Wetterlagen bereits hunderte Millionen drauf. Allein die Maßnahmen zur Stabilisierung des Netzes zur Vermeidung eines größeren Stromausfalls kosten rund  1 Mrd. € pro Jahr (Tendenz steigend), die selbstverständlich die Bevölkerung per EGG zahlen muss. Das extrem schlechte Kosten- Nutzen – Verhältnis der Stromerzeugung und das Chaos in der Umsetzung der Energiewende zahlt der Stromkunde. Klar ist, dass die Umwelt – und Energieziele mit dem bestehenden EEG nicht erreicht werden können, ohne das durch eine noch höhere Belastung der Bevölkerung durch weiter steigende Strompreise die soziale Verträglichkeit überdehnt wird. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/blackout-abwehr-kostete-2015-eine-milliarde-euro-a-1072438.html
  • Die übereilte und grundlose Aufgabe eines ganzen Wirtschaftszweiges der Kerntechnik mit vollständigem Wissensverlust über diese High-Technik, in der Deutschland führend war, und die leichtfertige Verschwendung von knapp 16 Mrd. € Steuergeldern die der Staat von 19 56 bis 2002 für die  nukleare Grundlagenforschung der Kernenergie und Fusion als Subvention beigesteuert hat, kann sich als Fehler herausstellen. Deutschland hat sich damit einer Alternative beraubt die in der Welt mehr und mehr genutzt wird, nämlich die CO2 freie volatile regenerative Energieerzeugung im Verbund mit der CO2 freien Grundlast- Kernenergieerzeugung zu betreiben, um so den langfristigen Ansprüchen nach mehr CO2 freier Energie (die Welt lechzt nach Energie und wächst jedes Jahr in der Größenordnung der Bevölkerung Deutschlands) Genüge zu tun. Heute sind 448 KKW im Betrieb (höchste jemals erreichte Zahl), 10 Anlagen sind 2017 ans Netz gegangen, 57 sind im Bau, für 170 ist die Planung abgeschlossen und 320 Anlagen befinden sich in der in Anfangsplanung.
  • Eine Verkehrspolitik, die diesen Namen verdient gab es die letzten 10 Jahre nicht. Stückwerk, Lobbyismus, teurer und miserabler Bahn- Nah- und Fernverkehr, eine vernachlässigte Infrastruktur, marode und dringend sanierungsbedürftige Autobahnstraßen, Brücken und Bahngleise und täglich tausende von Staus sind das Ergebnis. Deutschland ist „Stauland“ Nummer Eins in Europa und hat mittlerweile die schlechtesten Straßen (2017; 700 000 Staus mit 419 000 Stunden Wartezeit) sowie den teuersten und ausfallhäufigsten Personenbahnverkehr. Japan, Frankreich und die Schweiz sollten sich unsere Politiker mal zum Vorbild nehmen. Die Menschen wollen den umweltfreundlichen Bahnverkehr nutzen, können es aber nicht, da er viel zu teuer und zeitlich unzuverlässig ist und auch nicht in der notwendigen Taktfolge zur Verfügung steht. Missstände die Jahrzehnte bekannt sind, aber von der Politik nicht behoben werden, weil sie sich verzettelt, in Legislaturperioden denkt und von der Autolobby, die den PKW und LKW das Wort redet, stark beeinflusst wird.
  • Die Rechtlich umstrittene, weder mit Regierung, Partei und Parlament, noch mit der EU abgestimmte unerlaubte Grenzöffnung für eine Million Flüchtlinge im September 2015 und die weitere Einwanderung bis heute führt zu einer Umverteilung von Steuergeldern und Belastung der Sozialkassen in der Größenordnung von ca. 20 Milliarden € pro Jahr bzw. 500 Milliarden € in 25 Jahren. Dies bestätigen die bekannten Ausgaben der letzten Jahre und dies zeigt auch eine ganz simple Rechnung: 1,6 Mio. Menschen x 1000 € / Monat für Pflege, Unterkunft, Bildung, soziale und ärztliche Versorgung etc. x 12 Monate = 19,2 Mrd. €/Jahr. Die neue Regierung steht vor einer riesigen Aufgabe all die Schwierigkeiten für die Bevölkerung und für die Flüchtlinge / Migranten einvernehmlich zu lösen. Das größte Problem wird die zu geringe Bildung / Ausbildung und damit die Jobfindung sein, die durch die Industrierevolution 4.0 noch erschwert wird.
  • Die praktizierte Politik der letzten 10 Jahre hat zu einer grundlegenden Veränderung in der Bevölkerung und in der Parteienlandschaft geführt. Die Bevölkerung und die Parteien sind heute in der Beurteilung des politischen Handelns und der langfristigen Auswirkungen auf Deutschland tief gespalten. So hat der Unmut über die „Alternativlose“ Griechenland und Eurorettung wie ein Geburtshelfer zur Gründung der Partei „Alternative für Deutschland“ gewirkt. Mitte 2012 wurde das „Bündnis Bürgerwille“ gegründet aus dem am 14. April 2013 die AfD hervorging. Der stetig von Angela Merkel gepredigten Alternativlosigkeit sollte eine Alternative entgegengesetzt werden. Die Bewältigung der Eurokrise, der Erhalt der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft waren die Gründungsprinzipien. Später erfolgte eine Radikalisierung der AfD durch Rechte. Die unkontrollierte Grenzöffnung am 04./05. September 2015 mit den dann bekannten Entwicklungen war wiederum Geburtshelfer der Bürgerbewegung Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) und diente den Rechten dieser Bewegung und in der AfD als Steigbügel zu einer weiteren Radikalisierung.

Dieses „grandiose“ 12 jährige Regierungsschaffen gehört in der neuen Regierung auf den Prüfstand um Fehlentwicklungen zu korrigieren und Versäumnisse aufholen zu können. Die Parlamentarier müssen nun nach Wegen suchen wie sie den in den letzten Jahren von der Politik angerichteten wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Schaden beheben können und wie sie den „Alternativlos“ durchgepaukten Weichenstellungen eine neue Richtung geben können.

 

Sondierung geplatzt, EZB lässt Märkte weiter haussieren

Die Kapitalmärkte in Europa  und Deutschland mit DAX, MDAX, TDAX etc. haussieren weiter und der Anleihemarkt zeigt sich völlig unbeeindruckt ganz so, als hätte es den Donnerknall in der Politik mit dem Platzen der Sondierungsgespräche zur Bildung einer neuen Regierung nicht gegeben, so als hätte Angela Merkel nicht innerhalb weniger Wochen mehrere herbe Niederlagen hinnehmen müssen. Erst das schlechteste Bundestagswahlergebnis der CDU eingefahren, dann als Verhandlungsführerin bei den Jamaika-Sondierungen versagt, gefolgt vom Ruf der Jungen Union in Düsseldorf nach einem Rücktritt Merkels und nun die Häme der SPD über ihren Machtverlust in der CDU im Rahmen der Pflanzenschutzmittel Glyphosat Entscheidung. Warum ignorieren die Märkte dies, ist ihnen der Fortgang der Regierungsbildung, oder sogar ein Rücktritt Angela Merkels gleichgültig, oder haben Regierungen nur noch einen geringen Einfluss auf die Märkte? Je nach Betrachtungszeitraum gibt es darauf zwei Antworten und zwar abhängig von der Gesamtverfassung des europäischen und weltweiten Marktes und den künftigen Reformen in Deutschland.

Solange der Gesamtmarkt in guter Verfassung bleibt und weiter expandiert, sich also an den globalen Marktbedingungen nichts ändert, geht es der deutschen Wirtschaft die volle Auftragsbücher und blendende Wirtschaftsdaten vorweisen kann weiterhin gut, unabhängig von irgendeiner Regierung und unabhängig von einer befristeten regierungslosen Zeit. Die Wirtschaft steuert sich selber und vertraut weiterhin auf die von Regierungen nicht abhängigen gut funktionierenden, stabilen Institutionen Deutschlands bei der Rechtssprechung, bei Steuern und Finanzen, bei Genehmigungsverfahren aller Art etc.

Ändern sich jedoch die seit Jahren unglaublich günstigen Marktbedingungen für die Wirtschaft, wie Geldflutung durch die Europäische Zentralbank, EZB, niedrige Energiekosten bei Öl und Gas und unternehmerfreundliche Arbeitsbedingungen durch Gerhard Schröders Arbeitsmarktreform wird dies unmittelbaren Einfluss auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung haben, auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen und damit auch auf die Aktienmärkte. Der EZB kommt dabei die größte Bedeutung zu, da sie Märkte und Regierungen durch ihre laxe Geldpolitik wie Süchtige von der Droge abhängig gemacht hat. An ihrem Billionen–Geldtropf hängt die Wirtschaft. Seit März 2015 bis Ende 2017 wird die EZB unglaubliche 2, 28 Billionen € in den Markt gepumpt haben, im Mittel also 2 450 Millionen € pro Tag und der Wahnsinn soll mindestens noch bis September 2018 weitergehen.

Das Beenden dieser Geldorgie bedeutet ein enormes Risiko für die Zukunft, welches viel größer ist als Zeitpunkt und Ergebnis der Regierungsbildung in Deutschland. Die für die Märkte wirklich relevante Politik wird seit Jahren von den Notenbanken (FED, EZB, japanische  Notenbank) gemacht und eben nicht von Regierungen, ein erschütterndes Ergebnis, welches auf erhebliche Demokratiedefizite hinweist.

Die Regierungen Europas, die Kommission haben es zugelassen, dass die Institution EZB machtgierig und zu Gunsten der europäischen Mittelmeerländer ihre Machtbefugnis weit über ihren eigentlichen Auftrag, der Geldpolitik des Euros, auf die Finanzwirtschaft Europas und verbotene Staatsfinanzierung  ausgedehnt hat. Mit der Geldflutung der Märkte, mit dem Anfkauf von Staats- und Unternehmensanleihen und mit der Einführung von Null- und  Negativzinsen beeinflusst die EZB alle Wirtschaftsbereiche und auch die Vermögensbildung bzw. die Vermögensvernichtung bei Privatpersonen. Bei einer ehrlichen Antwort müssten die Regierungen Europas eingestehen, dass nicht ihre Finanz- und Wirtschaftspolitik maßgeblichen Einfluss auf wirtschaftliche Entwicklungen hat, sondern die Politik der EZB. Also eine nicht demokratisch gewählte Institution steuert Europas Wirtschaft und steuert die Haushalte vieler Regierungen, die kurzfristig von den Nullzinsen bei ihrer Schuldentilgung profitieren. Da die EZB nicht auf ewig an ihrem Gelddruck- und Nullzinsenwahn festhalten kann, wird sich diese Gemengelage in den nächsten Jahren ändern, was enorme Marktanpassungen zur Folge haben wird und schlimmstenfalls in einem Crash endet. Dies betrifft alle Bereiche in denen sich aufgrund der relaxen Geldpolitik der EZB Marktverwerfungen, oder gar Blasen – Staatsanleihenblase, Unternehmensanleihenblase, Aktienblase, Vermögensblase im Häusermarkt – gebildet haben. Die Folge wäre ein schlimmes Erwachen der Konsumgesellschaft, eine Wirtschaftsrezession, steigende Arbeitslosigkeit, geringere Steuereinnahmen, sinkendes Haushaltsbudgets, höhere Zinsen auf Schulden, Wertverlust von Grundstücken und Gebäuden etc. Die breite Bevölkerung würde erneut die Hauptlast eines solchen Umbruchs tragen. Sich auf diese Veränderungen vorzubereiten und sie abzufedern, hieße verantwortliche Regierungspolitik zu betreiben. Doch davon war in den letzten Jahren nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil lebte man wie die Made im Speck und verschloss wie bei der bekannten drei Affenskulptur  Augen, Mund und Ohren um der Realität nicht in die Augen blicken zu müssen. Mit vollen Händen gibt man die enormen Steuereinnahmen aus, verteilt an jedermann Geldgeschenke – selbst an die im Geld schwimmende Autoindustrie – und lässt die EZB ihre unerlaubte Finanzpolitik bis zum Knall weiter betreiben. Man genießt die kurzfristigen Vorteile  der Nullzinspolitik der EZB durch Zinsersparnisse auf Bundesschulden (Ersparnis 2008 bis 2016 240 Mrd. €) und verschläft notwendige Reformmaßnahmen.

Unabhängig von dem weiteren Verlauf und den Auswirkungen der Politik der EZB ist natürlich für die langfristige wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands eine funktionsfähige starke Regierung mit guter Finanz- und Wirtschaftspolitik und Rechtsstaatlichkeit von großer Bedeutung. Langfristige Entwicklungen werden durch politische  Weichenstellungen und Rahmensetzungen für wirtschaftliche Tätigkeit und soziale Abfederung bestimmt. Wichtig ist die langfristige Ausrichtung und Stabilität einer Rahmenvorgabe, damit sich alle Wirtschaftszweige darauf einstellen können. Und hier sah die 12 – jährige Bilanz von Angela Merkel grottenschlecht aus, so dass ein „ immer weiter so, Deutschland geht es gut“  für die deutsche Wirtschaft langfristig abträglich wäre. Ein Neuanfang ohne Angela Merkel bietet daher auch Chancen, oder aber die Kanzlerin muss sich in einer neuen Koalition, bzw. in einer Minderheitsregierung neu erfinden. Die Internet – Revolution wurde komplett verschlafen, hier dominiert das Silicon Valley mit Apple, Amazon, Google und Facebook die Welt. Die Infrastruktur wurde runtergewirtschaftet und nicht den Entwicklungen des 21. Jahrhunderts angepasst, gleiches gilt für die Bildung, die heute nur noch Mittelmaß ist. Die Energieversorgung des Landes wurde einem Großversuch mit offenem Ausgang für Kosten und Stabilität der Versorgung unterworfen und bei der Industrierevolution 4.0 wurde bislang nur geschwafelt. Sinngemäß gilt dies auch für die erfolglose Flüchtlingspolitik Europas und die umstrittene deutsche Einwanderungspolitik mit enormen Herausforderungen für die gesamte Bevölkerung bei Integration und Kostentragung.

Zusammengefasst kann man sagen, Märkte reagieren nur noch dann auf politische Veränderungen, wenn ihre Interessen der Wirtschafts- und Gewinnentwicklung unmittelbar betroffen sind. Egoistisch beobachten und analysieren sie die wirklichen Marktplayer und Ereignisse die das potential haben Marktentwicklungen zu ändern. Kurzfristig überspielt die Musik der EZB alles, langfristig kommt es in Deutschland darauf an, ob eine neue Regierung relevante Reformen auf den Weg bringt. Bleiben Reformen und innovative Entwicklungen der Industrie aus, zieht sich das Kapital aus Deutschland zurück, Deutschland verliert langfristig den Anschluss an die Weltwirtschaft, die Effizienz / Produktivität der Wirtschaft sinkt peu à peu ,die Wirtschaftskraft schrumpft und damit das Bruttosozialprodukt und der Wohlstand der Bevölkerung.

Um Deutschland fit zu halten muss die Bildungsmisere beendet werden, muss endlich jeder Bürger, jede Schule, jede Firma Zugang zum schnellen Internet durch flächendeckendes Breitbandkabel / Glasfaserkabel erhalten, muss die E- Mobilität vorangebracht werden und die Industrierevolution 4.0 mit Robotertechnik und den damit verbundenen Auswirkungen auf das Arbeitsrecht gemeistert werden.

Es darf nicht ein zweites Mal passieren, dass Deutschland wie beim Internet in 10 Jahren feststellt, dass auch die Industrierevolution 4.0 beim Debattieren, beim Ankündigen und schließlich am Nichtstun auf der Strecke geblieben ist. Die Folgen wären für den Erhalt unseres Wohlstandes fatal. Packen wir es an, gefühlt hinkt Deutschland bereits Lichtjahre hinterher.

Minderheitsregierung Gebot der Stunde

 

Die vierwöchigen Sondierungsgespräche und Balkonauftritte von CDU, CSU, FDP und Grüne sind mit einem Knall zu Ende gegangen. Angela Merkels Verhandlungsstrategie, des wochenlangen Schweigens nach außen, des verkämpfen lassen der anderen Parteien um dann in der Schlussphase die erzielten Zwischenergebnisse aufzusaugen und die ausgelaugten Koalitionspartner zusammen zu zwingen, ist gescheitert. Den Verhandlungsteilnehmer ist es in den vier Wochen nicht gelungen ein ausreichend festes Vertrauen als Basis für eine gemeinsame Regierungszeit aufzubauen. Dieses fehlende Grundvertrauen hat wohl Christian Lindner dazu bewogen die Reißleine zu ziehen und sich mit den Worten “ Besser nicht regieren als falsch zu regieren“ aus den Sondierungen um einvernehmliche Ziele zu verabschieden. Der ergebnislose Sondierungsausgang und das vierwöchige Ausloten von Parteipositionen haben dennoch beachtliche politische Veränderungen bewirkt.

  • CDU und CSU sind reflexartig in der Nacht des Scheiterns mit Blick auf möglichen Neuwahlen zusammengerückt. Für interne Machtkämpfe und Interessenunterschiede gibt es jetzt keinen Raum mehr.
  • CSU Chef Horst Seehofer bleibt angeschlagen auch wenn er aus parteitaktischen Gründen Angela Merkel in der Zeit der Not den Rücken stärkt und sie zur neuen Kanzlerkandidatin beglückwünscht. Die erlittenen  Wunden seit der Flüchtlingskrise 2015 und die  Machtkämpfe mit Angela Merkel verheilen nicht so schnell und erst gar nicht in Bayern, wo seine Nachfolgediskussion im vollen Gange ist.
  • Die Grünen haben ihre realpolitischen Positionen weiterentwickelt und erkannt, dass eine gehörige Portion Realpolitik nötig ist um an die Macht zu kommen.
  • CDU /CSU und Grüne sind sich dadurch in ihren Positionen näher gekommen und haben ein gewisses Vertrauen zueinander aufgebaut und damit eine Ausgangsbasis für künftige Koalitionen geschaffen.
  • Christian Lindner und die FDP werden die Last des Scheiterns der Verhandlungen tragen müssen, da alle anderen Parteien versuchen werden sich rein zu waschen. Inwieweit dies die Position der FDP schwächt bleibt abzuwarten.
  • Angela Merkel geht trotz der Niederlage in der Bundestagswahl (schlechtestes CDU Wahlergebnis) und der erneuten Niederlage als Verhandlungsführerin der Sondierungsgespräche zunächst gestärkt aus der Schlacht hervor. Wie seit Jahren profitiert sie von der Schwäche der Sozialdemokratischen Partei und fehlenden Machtpersönlichkeiten in ihrer eigenen Partei. Ihr Machtverlust hat dennoch begonnen.

Das Echo des Knalls wird noch eine Weile in den Parteien, den Medien und der Bevölkerung nachhallen. Es ist eine unbekannte Situation und gleichzeitig ein Neuanfang den Deutschland in dieser Form noch nicht erlebt hat. Wie immer bieten Neuanfänge auch Chancen verkrustete Strukturen aufzubrechen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bestimmt nun das weitere Vorgehen und hat bereits die Prioritäten gesetzt, Ausloten anderer Koalitionsmöglichkeiten zum Erhalt einer stabilen Regierung, Sondierung für eine Minderheitsregierung und schließlich Neuwahlen. Die Möglichkeiten sind große Koalition, Minderheitsregierung der CDU /CSU, der CDU /CSU und Grüne, der CDU / CSU und FDP jeweils mit und ohne Tolerierung durch andere Parteien. Im normalen Regierungsgeschäft gibt es mit einer Minderheitsregierung im Gegensatz zur Mehrheitsregierung keinen Unterschied. Bei der Gesetzgebung ist es wegen der notwendigen Kompromissfindung mit anderen Fraktionen schwieriger und bei aufkommenden parlamentarischen Spannungen ist die Wahrscheinlichkeit durch ein Misstrauensvotum gestürzt zu werden natürlich grösser. Den Nachteilen und dem mühsameren Regieren stehen aber auch parlamentarische Vorteile gegenüber und so gibt und gab es immer wieder Minderheitsregierungen, gerade in den skandinavischen Ländern Dänemark, Norwegen, Schweden, die stabil über viele Jahre ihre Länder regiert haben.

Aufgrund der gewachsenen gesellschaftspolitischen Spannungen in Deutschland, der zunehmenden Demokratieverdrossenheit der Bürger, des zurückgedrängten Parlamentarismus im Bundestag wäre es für die deutsche Demokratie gut nicht sofort wieder Neuwahlen anzusetzen sondern, sofern keine Mehrheitsregierung zustande kommt, mit einer Minderheitsregierung zu regieren, selbst auf die Gefahr hin, dass diese nur einige Jahre Bestand haben sollte. Der Demokratie, den Abgeordneten und den Bürgern würde es gut tun, wie die folgende Aufzählung der Vorteile einer Minderheitsregierung  zeigt:

  • Der Bundestag mit seinen 709 Abgeordneten und nunmehr sechs Fraktionen wird aufgewertet, der Parlamentarismus gestärkt und die Abgeordneten können sich als Vertreter des Volkes wieder entfalten, sie können ihre in Zeiten der großen Koalitionen verlorengegangene Bedeutung wiedergewinnen.
  • Die Parlamentsdebatten werden endlich mit Leben gefüllt, die Ritualisierung, der Fraktionszwang, die Ausgrenzung und der von vornherein bekannte Debattenausgang gehören der Vergangenheit an. Die politische Diskussion kann von den unzähligen Talk Shows wieder ins Parlamentsgebäude zurückkehren.
  • Die Regierung muss ihre Vorhaben offener und tiefergehend erörtern, muss sich mit den Vorschlägen der anderen Fraktionen intensiv auseinandersetzen und muss sich wechselnde Parlamentsmehrheiten suchen. Ein „immer weiter so“, oder „das ist alternativlos“, oder einsame nicht abgestimmte hart an der Gesetzesgrenze getroffene Entscheiden gehören damit der Vergangenheit an.
  • Konzeptvielfalt und Innovation im Bundestag nehmen zu, was zu besseren, näher an der Volksmeinung liegenden Ergebnissen führen wird und der geläufigen Politikverdrossenheit entgegenwirken würde.
  • Schnell würde für Parlamentarier und Bevölkerung erkennbar werden, welche Fraktion, welche Politiker nur mit heißer Luft agieren und das hätte wiederum Auswirkungen auf die nächste Wahl. Alle Fraktionen müssen beweisen, dass sie parlamentsfähig sind.
  • Kompromisse haben eine vielbreitere Basis, sie sind transparenter und leichter der Bevölkerung  zu vermitteln, da sie von einer großen Schnittmenge ihrer Volksvertreter, den Abgeordneten, verhandelt wurden.
  • Regierung, Parlament, Opposition und Bundesbürger gewinnen durch eine solche neue politische Kultur wertvolle neue Erfahrungen auf die nachfolgende Mehrheitsregierungen aufbauen könnten.

Die große Frage wird sein, ob die Parteien eine so offene parlamentarische Kultur bereits verinnerlicht haben um ein solches Experiment einzugehen. Angela Merkel mit ihrer sozialistisch verschlossenen Art, die lieber hinter als vor Türen verhandelt, lieber im kleinen Kreis als im Großen, lieber im Parteizirkel als im Parlament, die lieber moderiert und Ergebnisse aufsaugt und als die ihrigen verkauft als von Anfang an mit eigenen Ideen, Konzepten, Visionen aufzutreten, wird sich vermutlich gegen ein solches Ansinnen des Bundespräsidenten mit Händen und Füßen wehren. Hochachtung, wenn sie über ihren Schatten springen und eine solche Herausforderung annehmen würde. Neuwahlen und dann womöglich die nächste große Koalition wären für einen lebendigen Parlamentarismus abträglich und würden den linken und rechten Rändern weiter Auftrieb geben. Die Politik hat mit dieser neuen, unbekannten Situation eine schwierige Aufgabe zu meistern, lassen wir uns überraschen was sie daraus macht.

Jamaika-Koalition, gelingt der CDU ein Neuanfang?

Gelingt der CDU in einer Jamaika-Koalition ein sozial-, wirtschafts- und umweltpolitischer Neuanfang?

Zunächst ist es schwer vorstellbar wie der CDU ein Neuanfang mit Gelb und Grün gelingen kann, wie eine neue Politik gestaltet werden soll mit einer Kanzlerin, die am Wahlabend einer verlorenen Wahl sagte, ich würde alles genau so wieder machen wie bisher und gegen uns ist keine Regierung möglich. Eine Kanzlerin

  • unter deren Politik die Wohnungsknappheit drastisch zugenommen und die Bauvorschriften sowie die Mietpreise explodiert sind. So können gemäß Energieeinsparverordnung, EnEV, Wohnungssanierungen über die Erhöhung der Miete in wenigen Jahren abgeschrieben werden.
  • die achselzuckend in Kauf nimmt, dass das Nettovermögen der Deutschen (Median 60000 €) unterhalb des Durchschnitts der 18 Eurostaaten hinter Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Zypern, Griechenland etc. liegt, aber mit vollen Händen Steuergelder in Mittelmeerländer transferiert. 40 % der Deutschen besitzen keinerlei Vermögen. http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/studie-der-ezb-die-meisten-deutschen-besitzen-weniger-als-andere-europaeer-1.3308252
  • die durch ihre Politik die größte Vermögensumverteilung in Deutschland herbeigeführt hat. Eine Umverteilung von ca. 1,2 Billionen € in 20 Jahren  durch EEG, Miration und Soli.
  • die trotz vieler parlamentarischer und außerparlamentarischer Vorstöße, trotz 2/3 Regierungsmehrheit keine gesetzliche Regelung zur Bundestags- Obergrenze herbeigeführt und damit das größte Parlament der Welt (nach China) in Kauf genommen hat, ein Kennzeichen von Großmannssucht, Steuerverschwendung und Ineffizienz.
  • deren Politik es versäumt hat Deutschland für die Zukunft des globalen Wettbewerbs, der globalen im erneuten Umbruch befindlichen Industrie fit zu machen.
  • deren Energiewende gescheitert ist, eine CO2 Reduktion seit Jahren nicht mehr stattfindet, die Stromversorgung instabiler geworden ist und die Energiewendekosten des EEG mit 25 Mrd. € / Jahr zu Lasten der Stromzahler ausgeufert sind. https://www.umweltbundesamt.de/daten/klimawandel/treibhausgas-emissionen-in-deutschland#textpart-1
  • die es mit ihrer verfehlten Flüchtlings- und Asylpolitik geschafft hat die politische Landschaft in Deutschland so zu polarisieren und zu destabilisieren, dass sich die AfD als neue Partei etablieren konnte und mittlerweile in allen deutschen Parlamenten vertreten ist.
  • in deren Zeit sich Ost und West mehr auseinander als aufeinander zu bewegt haben, wo die Kanzlerin in ostdeutschen Städten wutschnaufend empfangen wird.

Und dennoch besteht eine gute Chance dass die Jamaika Koalition gelingt, indem Angela Merkel mit ihrer Parteidominanz und die Partei eine radikale Abkehr vom  bisherigen Weg vornehmen, sich in den Wochen der Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen neu erfinden und Abschied nehmen von bisherigen Marschrichtungen und Überzeugungen. Auf dem Prüfstand stehen dabei fast alle Felder der Politik der letzten Jahre (Flüchtlings-, Energie /Umwelt-, Steuer-, Europapolitik). Ein Neuanfang mit Jamaika wird zwangsläufig ein inhaltlicher Ausverkauf der bisherigen Politik von Angela Merkel, es sei denn die CSU, FDP und Grüne verbiegen sich aus machtpolitischen Interesse bis zur Unkenntlichkeit, was schwer zu erwarten ist, da die Verluste der CSU in Bayern dann weiter gingen, die FDP wieder als Umfaller- Partei gelten würde und die Grünen ihr letztes verbliebene Erkennungszeichen „Umwelt“ verlieren würden. Wie gewaltig das Wendemanöver von Angela Merkel und der CDU sein müsste, was auf den Prüfstand für einen Neuanfang gehört, zeigen ein paar Themenfelder:

  • Die Politik der „Alternativlosigkeit“, der Schlaftabletten für das Volk „Deutschland geht´s gut“, des am Volk Vorbeiregierens muss aufhören und eine parlamentarische, lebhafte Demokratie gefördert werden. Warum nicht mit dem alten Slogan von Willi Brandt „Mehr Demokratie wagen“? Dazu gehört eine parlamentarische Streitkultur des harten faktenbasierten Meinungsaustausches unter allen Abgeordneten einschließlich der Abgeordneten der AfD. Der bisherige Weg der Ausgrenzung und Verweigerung war kontraproduktiv, führt in die Sackgasse und stärkt deren Anhängerschaft. Junge Politiker müssen nach vorne gebracht und mehr Verantwortung übertragen bekommen. Die Bürger müssen wieder stärker in die Politik eingebunden werden, dazu könnte das Instrument von Volksbefragungen zu Entscheidungsfindungen geschaffen werden.
  • Erste Ausgabenpriorität des Haushaltes muss „Schule und Bildung“ haben (eine militärische Aufrüstung auf 2 Prozent des Bruttosozialprodukts braucht niemand), mit verbesserter Infrastruktur in den Schulen, schnelles Internet für jeden Schüler und Lehrinhalten, die stärker auf das reale Leben ausgerichtet werden mit Schwerpunkten, wie Sprachen, Wirtschaft, Informatik, Digitalisierung, Religion etc. und einer Bildungsinitiative für Migranten.
  • Die Einnahmensucht mit Steuer- und Abgabenerhöhungen muss beendet, Steuersenkungen durchgeführt sowie Soli und kalte Progression abgeschafft werden. Dem Bürger muss mehr vom Netto bleiben, er weiß am besten wofür sein Geld ausgeben will.
  • In der Rentenpolitik muss langfristige Vorsorge getroffen werden, damit in der nächsten Generation nicht noch mehr Menschen in Armut, oder an der Armutsschwelle leben müssen. Eine Maßnahme wäre die Stärkung der Eigenvorsorge, in dem man dem Bürger mehr im Portemonnaie lässt. Ein kleiner Anfang wäre eine Kampfansage an die EZB zur Beendigung der Nullzinspolitik.
  • Die Energiepolitik muss wieder auf marktwirtschaftliche Beine gestellt und die sozialistische Umverteilungs- und Subventionspolitik beendet werden. Dazu ist eine erneute Änderung des EEG Gesetzes und die Einführung eines marktgetragenen Stromerzeugungsmix (Regenerative Energie, Kohle, Gas) erforderlich.
  • In der Wirtschaftspolitik müssen neue Rahmenbedingungen und Anreizsysteme für Investitionen in  Infrastruktur, Verkehr, Digitalisierung, Internet, E – Mobilität etc. geschaffen werden und überzogene bürokratische Regeln und Vorschriften abgebaut werden damit Deutschland auch in Zukunft  im globalen Wettbewerb an vorderster Front mitspielen kann.
  • Migration muss zu einem ausbalancierten sozial- und wirtschaftlich verkraftbaren Normalzustand werden. Dazu wäre in der Flüchtlingspolitik eine wie auch immer geartete Flüchtlingsobergrenze, eine sofortige erkennungsdienstliche Erfassung bei der Einwanderung, ein verkraftbarer Familiennachzug, eine effizientere Rückführung abgelehnter Asylanten  und ein Einwanderungsgesetz notwendig. Die gesellschaftliche und politische Wirkung des Doppelpasses und der Burka  gehören erneut auf den Prüfstand. Eine schnelle Integration durch Spracherlernung, Arbeit und Wohnen unter der Bevölkerung ist notwendig.
  • In der verfahrenen Europapolitik muss unter Einbeziehung der Bevölkerung Klarheit über den künftigen Weg der EU geschaffen werden. Was für ein Europa will die Mehrheit der europäischen Bevölkerung? Die oktroyierte Politik von oben, von Brüssel, der Kommission, vom Europarat war und ist kontraproduktiv. Mehr Realismus ist angezeigt und nicht weltfremde  Vorstellungen wie sie in der Rede von  Kommissionspräsident Jean Claude Juncker vom September 2017 zum Ausdruck kommen. https://ec.europa.eu/germany/news/20170913-juncker-rede-zur-lage-der-union-2017_de
  • Die Vorstellungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Zukunft Europas, http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-09/zukunft-eu-emmanuel-macron-rede mit EU-Budget, gemeinsame Haftung für Banken, Finanzausgleich, Währungsfonds, Schuldenerlass etc. können nicht im Interesse Deutschlands sein. Mögliche Vorabsprachen zwischen Angela Merkel und Marcon sind passé. Eine ausbalancierte Partnerschaft und nicht eine einseitige Kostentragung und Haftungsübernahme durch Deutschland muss im Vordergrund stehen. Diese Balance könnte durch die FDP in der Koalition gelingen.
  • Der bisherigen uneingeschränkten Machtpolitik der EZB, einer nicht demokratisch gewählten und sich jeder parlamentarischen Kontrolle entziehenden Institution muss endlich Einhalt geboten werden. Die ihr verbotene  Finanzpolitik mit verdeckter monetärer Staatsfinanzierung, die durch ihre Entscheidungen zunehmende Staatshaftung Deutschlands für Euroländer, die in ihren Wirkungen praktisch eingeführte Planwirtschaft auf dem Anleihemarkt und die Nullzinspolitik müssen aufhören. Es geht um die Vermeidung neuer Finanz-, Anleihe-, Aktien- oder Wohnungsmarktturbulenzen durch Platzen von Blasen am Markt, hervorgerufen durch marktverzerrende Maßnahmen der EZB, deren Zeche am Ende wie immer die Bürger mit ihrem Steuergeld zu tragen hätten.

Aus machtpolitischem Kalkül wird Angela Merkel auch ihre vierte Wende (1. Wende: überraschender nicht abgestimmter Dolchstoßartikel in der FAZ gegen Helmut Kohl am 22.12.1999, 2. Wende: opportunistischer doppelter Kernenergieausstieg innerhalb eines halben Jahres, Juni 2011; 3. Wende: überraschende, nicht abgestimmte neue Flüchtlingspolitik mit Grenzöffnung am 4. Sept. 2015) mit geänderte Steuer,- Energie-, Umwelt-, Flüchtlings-, Sicherheits-, und Europapolitik als Wendekanzlerin meistern, so dass die Jamaika–Koalition  letztendlich in einer Kompromissfindung zwischen CSU, FDP und Grünen entschieden werden wird. Gelingt dies, kann die neue Legislaturperiode zu einem Neuaufbruch Deutschlands und Europas werden. Viel Glück!

Deutscher Bundestag, größtes Parlament in Europa und der Welt?

Haben wir es geschafft wieder einmal Europa- oder sogar Weltmeister zu sein. Ja! In Europa hat Deutschland mit nun 709 Parlamentariern das mit Abstand größte Parlament, wir sind also Europameister. In den Zeiten davor war es ein Kopf an Kopf Rennen mit Italien und Großbritannien. Und Weltmeister sind wir auch, nämlich bei der logischen Betrachtung der Abgeordnetenzahl über alle föderalen Ebenen hinweg, in Deutschland den Bundestag und die Landtage. Das ist gerechtfertigt, da die Landtage durch die im Grundgesetz fixierte Aufgabenteilung den Bund entsprechend entlasten. Mit 31,4 Abgeordneten pro 1 Million Einwohner hat Deutschland in dieser Analyse die höchste spezifische Abgeordnetenzahl der Welt. Bei gleicher Betrachtungsweise beträgt das Verhältnis der Abgeordnetenzahl pro eine Million Einwohner in GB 27,5, den USA 24,6 und Frankreich nur 13,9. Dies sind gewaltige Größenunterschiede.

Spätestens seit der Bundestagswahl fragen sich immer mehr Menschen, ob Deutschland, ob die parlamentarische Demokratie wirklich ein Parlament dieser Größenordnung braucht und warum die Große Koalition in der letzten Legislaturperiode durch eine entsprechende Wahlrechtsänderung hier nicht gegengesteuert hat? Der Bundestag ist im Vergleich zu anderen Parlamenten eindeutig zu groß. Hinzu kommt, dass Deutschland durch seine föderalistische Struktur neben dem Bundesparlament weitere 16 Landesparlamente mit 1821 Landtagsabgeordneten hat. Diese Parlamente entlasten bei bestimmten, im Grundgesetz festgelegten Aufgaben, den Bund. Eine weitere Entlastung erfährt der Bund durch eine zunehmende Aufgaben – und Kompetenzverlagerung auf die europäische Ebene. Ein Großteil der Gesetze stammt heute aus der Feder der Kommission, der Europäischen Union. Dieses sollte logischerweise in Summe zu einem kleineren und nicht größeren Bundestag führen. Aber Logik ist nicht das vorherrschende Prinzip im Politikbetrieb, sondern Macht und Machterhalt.

Die Politik beklagt immer wieder eine in der Bevölkerung zunehmende Politikverdrossenheit und fordert eine aktive Mitwirkung der Bürger am politischen Gestaltungsprozess ein. Ein XXL – Parlament trägt nun ganz sicher nicht zu einem Stimmungsumschwung in der Bevölkerung bei. Das Gegenteilige wird der Fall sein, weil ein solch großes Parlament als Selbstbedienungsladen und verschwenderischer Wasserkopf angesehen werden wird. Mehr Bescheidenheit und Realismus wäre angebracht.

Ferner ist zu befürchten, dass die parlamentarische Arbeit des Parlaments in einem so aufgeblähten Parlament leidet. Sie wird nicht effektiver sondern ineffizienter und bringt unserer Demokratie auch nicht mehr sondern weniger Nutzen. Nach der Konflikt – und Entscheidungstheorie besteht allgemeiner Konsens darüber, dass Entscheidungsgremien gewisse Größen nicht überschreiten dürfen um ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten und konsensuale, effektive Ergebnisse zu erzielen. Soziales Faulenzen, Müßiggang, Trittbrettfahrertum, Motivationsverlust und Koordinationsverluste können in großen Gruppen zu einem Leistungsabfall führen. Dieser Eindruck drängt sich bereits heute beim Blick in den Bundestag und der Beobachtung von Plenarsitzungsabläufen mit leeren Stühlen, einschläfernden Vortragungen und diskussionslosen Debattenverläufen auf.

In seiner nach zwölfjähriger Amtszeit Anfang September gehaltenen Abschiedsrede hat der beste Insider, Bundestagspräsident Norbert Lammert, in seinen Ausführungen zur kritischen Würdigung des Parlaments diesen Aspekt aufgegriffen und dazu folgendes gesagt “Der Bundestag sei stärker und einflussreicher als jedes andere Parlament auf der Welt. Aber der Bundestag sei „nicht immer so gut wie er sein könnte oder auch sein sollte“. So sei der Eifer bei der Kontrolle der Regierung mitunter zu wenig ausgeprägt und bei der Diskussionskultur besteht Nachholbedarf: Es gebe „zweifellos immer wieder herausragende Debatten, aber bei selbstkritischer Betrachtung sollten wir einräumen, dass immer noch zu häufig geredet und zu wenig debattiert wird“. Wird sich diese Mentalität mit einem noch größeren Bundestag ändern? http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-09/norbert-lammert-bundestagspraesident-abschiedsrede

Regulär hat der Bundestag 598 Abgeordnete die in einer Direkt- und Verhältniswahl von den Bürgern in freier Wahl gewählt werden. Nach der Bundestagswahl im Herbst 2009 waren es durch Überhangmandate (sie entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate erringt, als ihr dort an Sitzen nach dem Zweitstimmenergebnis (Verhältniswahl) insgesamt zustehen) und Ausgleichsmandate (Wiederherstellung des Ergebnis der Verhältniswahl, wenn dies durch zu viele Überhangmandate verzerrt wurde) bereits 622 Sitze und im 18. Bundestag 2013 dann 630 Sitze. Im 19. Bundestag  werden es 709 Parlamentarier sein. https://www.bundestag.de/parlament/plenum/sitzverteilung_18wp

Neben dem oben erwähnten Effizienzverlust steigen mit der exponentiellen Zunahme der Abgeordnetenzahl selbstverständlich die Kosten für Parlamentarier und Infrastruktur stark an. Forderungen an den Bundestag diesen Wahnsinn durch Änderung des Wahlrechts zu korrigieren gab es seit vielen Jahren und konkrete Änderungsvorschläge auch, nur einigen konnte man sich nie. So hatte beispielhaft die SPD eine Änderung des Zuteilungsverfahrens der Sitze und Bundestagspräsident Norbert Lammert eine Deckelung der Mandate auf 630 Sitze vorgeschlagen. http://www.tagesspiegel.de/themen/agenda/mehr-abgeordnete-im-bundestag-2017-kann-es-eng-werden-im-parlament/13401088.html

http://www.sueddeutsche.de/politik/bundestag-arbeiten-am-ueberhang-1.3277419

Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat mehrfach auf die ausufernden Kosten des Bundestages hingewiesen und schließlich noch eine Petition mit 114 082 Unterstützer/innen im Dezember 2016 dem Bundestag übergeben und gehofft, damit die Abgeordneten zu einer Wahlrechtsänderung zu bewegen. Die parlamentarischen Ausgaben des Bundestages für die Vergütung der Abgeordneten und –Mitarbeiter, steuerfreie Kostenpauschale, opulente Pensionsansprüche, Fraktionszuschüsse, Entschädigungen etc. werden vom BdSt allein für 2018 mit 517 Mio. € angegeben. Ein Parlament mit der gesetzlichen Soll-Stärke von 598 Sitzen würde 75 Mio. €/Jahr weniger kosten, d. h. in einer Legislaturperiode ergäbe sich bereits eine Kostenersparnis von ca. 300 Mio. €. Weitere Millionen-Ausgaben werden zudem für neue Liegenschaften, Büros, und eine Aufstockung des Beamtenpersonals der Bundestagsverwaltung fällig. 2016 betrugen die mandatsbezogenen Kosten eines Abgeordneten rund 650.000 Euro im Jahr. https://www.steuerzahler.de/Die-Finanzierung-der-Bundestagsabgeordneten/8692c9972i1p525/ ; https://www.change.org/p/nein-zu-einem-xxl-bundestag

In der Petition des BdSt wird der Bundestag aufgefordert durch eine  Wahlgesetzänderung den Bundesstag sofort auf 630 Sitze zu deckeln und in der neuen Legislaturperiode durch einen Neuzuschnitt der Wahlkreise (299 auf 240) und Abschaffung der Ausgleichsmandate den Bundestag künftig auf maximal 500 Abgeordnete zu verkleinern. https://www.steuerzahler.de/500-Abgeordnete-sind-genug/87030c98921i1p1520/index.html

Wie haben die Abgeordneten, die Parteien und die Kanzlerin auf all diese Aktionen reagiert. Gar nicht, sie haben das Thema in gewohnter Weise ausgesessen und aus parteitaktischen Gründen lieber einen ausufernden Bundestag in Kauf genommen. Vorschläge von Abgeordneten, Volkspetitionen mit mehr als 100 000 Menschen die ihre Sorge zum Ausdruck bringen interessieren Politiker, Parteien und Fraktionen nicht, wenn damit eine machtpolitische Einschränkung verbunden ist und sei sie noch so klein. Mehr Macht und Einfluss, mehr Abgeordnete, mehr Posten, mehr Abhängige, mehr Steuergeld, das ist es was zählt und nicht was die Bevölkerung denkt, wünscht oder fordert. Und da passt auch gut das Motto von Angela Merkel ins Bild „ uns Deutschen geht es gut“ und in Ergänzung dazu, Steuern fließen ja im Überfluss. Der persönliche Machterhalt und der der Partei ist das Gebot der Stunde, wie man so schön auch anhand der Erklärung von Angela Merkel am Wahlabend in der Elefantenrunde sehen konnte. „ gegen uns ist keine Regierung möglich“ auch nicht mit dem schlechtesten Wahlergebnis der CDU seit 1949. Ein wahrhaft voller Erfolg.

Erschütternd ist, dass dieses Spiel leider von beiden großen demokratischen Parteien gespielt wurde und so auch die GroKo mit ihrer überwältigenden Mehrheit in der letzten Legislaturperiode das Bundeswahlgesetz nicht geändert hat. Selbstbeschränkung scheint bei allen Parteien ein unbekanntes Wort zu sein. Die ungesunde Entwicklung des Parlamentarismus war seit langem vorhersehbar und hätte bei gutem Willen der Parteien behoben werden können. Unsere Abgeordneten, die sich oft zu Recht und mit Stolz auf das Grundgesetz berufen, sollten, auch wenn es Verzicht bedeutet, den Willen der Gründungsväter bei der Festlegung der Abgeordnetenzahl ergründen und die Courage aufbringen das Bundeswahlgesetz erneut zu korrigieren. Ein angemessener, effizienter, kostenbewusster Bundestag ist das Gebot der Stunde. Dem bösen Klischee vom „Selbstbedienungsladen Bundestag“ würde damit Gegenteiliges entgegengesetzt werden.

Ein Blick über den Gartenzaun hilft häufig, den Wahnsinn des eigenen Handelns bewusst zu machen. Deshalb folgen ein paar Details zur exzessiven Entwicklung der Abgeordnetenzahl und Vergleiche mit anderen Parlamenten in Europa und der Welt.

1.Entwicklung der Mitgliederzahl des Bundestages:

Rund 40 Jahre lang bis 1987 pendelte die Abgeordnetenzahl im Bundestag zwischen 487 und 498 Abgeordnete. 30 Jahre lang betrug die Schwankungsbreite nur 2 Sitze. Mit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 traten 144 von der Volkskammer der DDR gewählte Abgeordnete in den Deutschen Bundestag ein. Die Sitzzahl schwankte in den folgenden Legislaturperioden zwischen 672 (1994) und 603 (2002). Aufgrund einer verkorksten Wahlrechtsänderung erfolgte in 2013 ein Sprung auf 631 und 2017 dann auf 709 Sitze. https://www.bundestag.de/parlament/fraktionen

2.Abgeordnetenzahl von Parlamenten und zugehörige Einwohnerzahl:

Deutschland 709, Großbritannien 650; Italien 630, Frankreich 577, Russland 450 , USA 435, Japan 717 und China 2987 Abgeordnete. Zugehörige Einwohnerzahl in Mio.: China 1380; USA 323, Russland  144, Japan 126, Deutschland 81, GB 65, Frankreich 65, Italien 61.

Im Ergebnis heißt dies: In Europa stellt Deutschland mit Abstand das größte Parlament. Bei der Betrachtung des Verhältnisses zwischen der Abgeordnetenzahl auf nationaler Ebene und der Bevölkerung liegen Deutschland, Frankreich und Großbritannien mit rund 115 000 Menschen pro Abgeordneten gleich auf.  In Europa ist dieses Verhältnis klein im Vergleich mit anderen Staaten wie Japan mit ca. 180 000 Menschen pro Abgeordneter, Russland mit ca.320 000, China mit  ca.460 000 und den USA mit ca. 745 000 Menschen/Abgeordneter. Die Zielgröße in den USA sind 770000 Menschen/Abgeordneter. Alle 10 Jahre wird die Abgeordnetenzahl anhand einer Volkszählung neu justiert .

3.Anzahl der Abgeordneten auf allen föderalen Ebenen pro Bevölkerungseinheit:

Bei der Analyse der Abgeordneten-Anzahl eines Landes ist neben der Größe des Landes die Staatsstruktur, zentral oder föderalistisch, von Bedeutung, da nachgeschaltete föderalistische Ebenen, wie in Deutschland die Länderparlamente  Staatsaufgaben übernehmen. Der BdSt hat eine Untersuchung zur Abgeordneten-Anzahl im internationalem Vergleich durchgeführt. https://de.wikipedia.org/wiki/Sitzverteilung_in_den_deutschen_Landesparlamenten ,  https://www.change.org/p/nein-zu-einem-xxl-bundestag/u/18783950 . Danach hat Deutschland mit 31,4 Abgeordneten (Bundestag und Landesparlamente) pro 1 Mio. Einwohner die meisten Parlamentarier weltweit.  In Italien sind es 30,7, in GB 27,5, den USA 24,6 und Frankreich nur 13,9 Parlamentarier pro 1 Mio. Einwohner.

Als Fazit bleibt festzustellen, dass aus parteitaktischen Überlegungen von CDU/CSU, SPD und Bundeskanzlerin Angela Merkel (trotz Richtlinienkompetenz) es unterlassen wurde, spätestens  in der Legislaturperiode der Großen Koalition das Wahlrecht mit Blick auf einen den deutschen Verhältnissen angemessenen Bundestag zu ändern. Sie tragen die Verantwortung für Steuerverschwendung, Ineffizienz und zunehmende Politikverdrossenheit in der Bevölkerung.

Der nächste Beitrag am kommenden Freitag widmet sich dem Thema „Leistung und Arbeit“ in der regenerativen Energieerzeugung. Dies scheint angebracht zu sein, weil in der medialen Berichterstattung diese Begrifflichkeiten oft haarsträubend verwendet werden.

Bundestagswahl ein Sieg der Demokratie

Das Wahlergebnis https://bundestagswahl-2017.com/ergebnis/ war keine wirkliche Überraschung, sondern ein klares Abbild der Stimmungslage im Volk. 87% aller Wähler haben demokratische Parteien gewählt und 12,6 % die nationalkonservative mit Brücken zum Rechtsextremismus agierende AfD.  https://causa.tagesspiegel.de/politik/wie-rechts-ist-die-afd/die-afd-als-partei-ist-nicht-rechtspopulistisch.html . Die großen Volksparteien sind die klaren Verlierer, ganz vorneweg mit einem Verlust von 8,6 % die CDU/CSU. Mit der SPD als starke, in Zukunft die Richtung bestimmende Oppositionspartei und der Rückkehr der FDP in den Bundestag entsteht ein kräftiges Korrektiv zur bisherigen durch Angela Merkel dominierten Politik. Ein „immer weiter so“ und ein dogmatisches „Deutschland geht es gut“  wird es nicht mehr geben. Gleiches gilt für eine die parlamentarische Demokratie lähmende GroKo.

Bundeskanzlerin Angela Merkel scheint diese dramatische Politikwende noch nicht verinnerlicht zu haben, wie ihr Siegerverhalten, ihre ersten Reaktionen auf das Wahlergebnis und ihre Ausführungen zu Fragen in der „Berliner Runde“ gezeigt haben. Trotzig spricht sie von der CDU als Stärkste politische Kraft und „gegen uns kann keine Regierung gebildet werden“ wir werden für die vor uns liegenden Aufgaben gebraucht. Hier zeigt sich ein beachtliches Maß an Realitätsverlust und Selbstüberschätzung. Nach 12 Regierungsjahren durch Angela Merkel ist das Land gekennzeichnet durch eine zunehmende Staatsverdrossenheit vieler Bürger, einen zunehmenden Vertrauensverlust in die Gewährung von Sicherheit durch den Staat, durch eine zunehmende Überfremdungsangst und durch eine zunehmende Angst vor Altersarmut. Nach 12 Jahren im Amt hat Angela Merkel der CDU das schlechteste Wahlergebnis seit 1949 beschert, hat sie die AfD durch ihre Politik hoffähig gemacht und hat sie durch die gewaltige Protest- Wählerbewegung in Höhe von 1,04 Mio. Wählern von der CDU zur AfD den Wahlerfolg der AfD mit zu vertreten. https://www.tagesschau.de/inland/btw17/waehlerwanderung-115.html .

Trotz aller Bedenken über den Einzug der AfD in den Bundestag hat der gewaltige Umbruch der mit dieser Wahl in der politischen Landschaft Deutschland eingeleitet worden ist, auch viele positive Seiten und stärkt er die parlamentarische Demokratie. Vorbei ist die Zeit

  • eines verordneten Wohlfühldeutschland. Vorbei ist die Zeit ideenloser Politik in der es ausreichte mit Sprüchen wie „ Deutschland geht es gut, immer weiter so“ „ Wir schaffen das“ etc., oder dem Unterwerfungsslogan „Voll muttiviert“ Politik zu machen, ein Volk einzuwickeln und Schlaftabletten zu verabreichen.
  • in Entscheidungslagen mit dem Hinweis auf eine angebliche „Alternativlosigkeit“ Politik zu machen. Es gibt immer Entscheidungsalternativen und in Zukunft werden sie wieder in Parlamentsdebatten ihren Platz haben.
  • einer selbstherrlichen „Monarchie“ in einer großen Koalition. Vorbei die Zeit in der Gesetze aller Art durchgewunken werden konnten.
  • einer schwachen Opposition im Parlament. Das Parlament wird wieder der Ort politischer Auseinandersetzungen über alternative Vorstellungen zur Zukunft Deutschlands. Ein Durchregieren an der Opposition vorbei ist passé.
  • in der politische Strömungen und Bürgerunzufriedenheit ignoriert und ausgegrenzt wurden. Die inhaltliche Auseinandersetzung wird wieder in den Vordergrund treten.
  • überraschender, weder mit dem Parlament oder mit den europäischen Partnern (soweit betroffen) abgestimmter, am Rande der Legalität getroffener und von großen Teilen der Bevölkerung nicht nachvollziehbarer Entscheidungen.
  • einer zunehmenden sozialistischen Planwirtschaft, zum Beispiel im Energiebereich.
  • ständiger Rechtsbeugung bei der Umsetzung europäischer Regeln und Gesetze. Eine Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und neues Vertrauen in die europäischen Organisationen müssen wieder das Ziel sein.
  • in der die EZB eine selbstherrliche Politik der Geldschwemme, der Nullzinsen und zügellosen Staatsanleihekäufe betreiben konnte. Die Bedenken vieler Ökonomen und des Bundesverfassungsgerichts gegen diese Politik werden nicht länger ignoriert werden können. http://www.focus.de/finanzen/in-karlsruhe-mitgeteilt-bundesverfassungsgericht-hat-bedenken-gegen-ezb-staatsanleihenkaeufe_id_7473288.html 
  • in der Eurobonds und eine deutsche Staatshaftung für europäische Banken und EU-Länder drohte.

Offen ist, ob die Koalitionsbildung zwischen CDU, CSU, FDP und Grüne klappen wird. An Angela Merkel wird es sicher nicht scheitern. Ihr Machtwille wird sie wieder zu einer ungeahnten Wendefähigkeit befähigen, mit der sie jede neue politische Ausrichtung als ihr großes Werk zu verkaufen versteht. Einzig und allein ihre bisherige Festlegung zur Flüchtlingsobergrenze ist ein Knackpunkt mit der CSU, den sie ohne Gesichtsverlust nicht ändern kann.

Die Aussage  „Wir haben einen Auftrag, eine Regierung zu bilden“ ist formal richtig. Innerhalb von CDU/CSU bleibt aber die Frage zu klären, ob mit oder ohne Angela Merkel. Vielleicht könnten ein erneuertes Grundsatzprogramm der CDU und eine neue Politik ohne Angela Merkel, sofort oder erst im Laufe der neuen Legislaturperiode, dazu beitragen, die an die AfD abgewanderten Wähler wieder in die CDU zurückzuholen. So oder so, die Post-Merkel-Ära hat begonnen.

Zerfallstendenzen in der EU unter Angela Merkel Regierungszeit

Rückblick auf eine „alternativlose“ Politik. Was prägte die Zeitspanne von 2005 bis heute? Unter Angela Merkel langer Regierungszeit…

…wurde eine Europapolitik am Bürger vorbei praktiziert und Recht missachtet. Am Bürger vorbei haben Europapolitiker autokratisch und bürokratisch ihre Europavorstellungen durchgesetzt. Ein noch größeres Europa war das vorherrschende Leitmotiv der letzten Jahrzehnte und ist es, wie die jüngste „Europarede“ zur Lage der Union von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am 13. September 2017 vor den Abgeordneten des Europäischen Parlaments gezeigt hat, noch immer. Anstatt Europa innerlich zu festigen, zu reformieren und zunächst einmal bestehende Regeln, Abkommen und Gesetze (Maastricht Vertrag, Schengen Abkommen, Dublin Abkommen, EZB-Regularien) einzuhalten und mit Leben zu erfüllen, geht es Brüssel vorrangig um mehr Macht und Kontrolle über die Nationalstaaten. So fordert Juncker einen EU-Kommissionspräsidenten, einen Euro- Finanzminister, einen größeren von den Staaten unabhängigen EU-Haushalt und einen großen Währungsfonds. Er schlägt vor weitere Länder in die EU aufzunehmen (westlicher Balkan) und den Euro in allen EU–Staaten einzuführen. https://ec.europa.eu/germany/news/20170913-juncker-rede-zur-lage-der-union-2017_de  Wie weltfremd Junckers Vorstellungen sind, zeigt die europäische Realität. Obwohl die europäischen Binnengrenzen bereits 1985 / 90 beseitigt wurden gibt es bis heute noch immer keine effektive Sicherung der europäischen Außengrenzen, gibt es noch immer keinen europäischen Grenzschutz, sind die Europäer bei Migration und Flüchtlingsbewegungen immer noch überfordert und zerstritten, wollen einige EU Länder den Euro nicht einführen (z.B. Polen) und diskutieren einige Länder über den Euro- Austritt (z.B. Italien).Der innere Zerfall und die zunehmende Abkehr vieler Bürger von der EU ist unter anderem eine Folge, dass über Jahre hinweg in systematischer Weise von den Staaten Europäisches Recht (Maastricht, Schengen, Dublin, Eurodac) ausgehöhlt und gebrochen wurde und Deutschland, Frau Merkel, war da keine Ausnahme. Im laufenden Wahlkampf werden die Probleme der EU klein geredet oder nicht angesprochen. Man will Frieden an dieser Front und schwierige Themen stören da nur, denn den Deutschen geht es gut und sie leben nach Angela Merkels Vorstellung im Land der Glückseligen. Die Menschen erfahren wenig bis gar nichts wie es mit der EU weiter gehen soll und welche Vorstellungen CDU und SPD zu den Plänen vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron und Kommissionspräsident Juncker haben, so zu Eurobonds mit gemeinsamer Haftung, zu einem großen Währungsfonds, zur Transferunion, zum Finanzausgleich, zu einem Schuldenerlass für Griechenland, zur absolutistischen Politik der EZB mit Nullzinsen und verbotener Staatsfinanzierung etc. Diese Themen werden die Entwicklung der EU und Deutschlands langfristig prägen, desto mehr hätten sie in den Wahlkampf gehört. Der Artikel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung „Brüssel ergreift die Macht“ vom 17. 09. 2017 gibt hierzu einen guten Überblick. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/juncker-will-mehr-macht-fuer-bruessel-15201945.html

Wie die innere Verfassung der EU heute zeigt, scheint das bislang verfolgte Ziel der Europäischen Kommission, die Einzelstaaten auf allen Ebenen zu harmonisieren und zu uniformieren (Zielrichtung „ Die Vereinigten Staaten von Europa“) nicht erreichbar zu sein, da die zunehmende Bürokratisierung und Harmonisierung zu einem Verlust an Innovation, Kreativität und Vielfalt in den Einzelstaaten und damit in der EU als Ganzes geführt hat, in deren Folge in vielen Staaten der EU der Wohlstand eher abgenommen und die langfristige Arbeitslosigkeit zugenommen hat. Es ist daher zu überlegen, ob es für die EU nicht besser wäre, für den EU-Staatenbund neu zu definieren welche Verantwortlichkeiten und Kompetenzen zwingend zentral in Brüssel und welche besser dezentral in den einzelnen souveränen Staaten verbleiben sollten. Ein immer weiter so, ist langfristig wenig hilfreich. Es wäre zu prüfen, welche Gesetze, Verordnungen und Regeln Europa wirklich gemeinschaftlich braucht und ohne Abstriche dann auch angewendet werden müssen und welche, deren Umsetzung zwischen den Staaten heute schon strittig sind, eingestampft werden sollten. Brüssel mit wenigen umfassenden Zuständigkeiten und Machtfunktionen und souveräne, flexible, vielfältige EU-Einzelstaaten könnten die EU und ein Europa der inneren und äußeren Stärke hervorbringen. Ein Europa, welches die Bürger lieben und die Welt nicht nur als Wirtschaftsblock sondern auch als Machtblock akzeptiert.

….ist es den Europapolitikern nicht gelungen die Verarmung Südeuropa zu verhindern. Besonders die hohe Arbeitslosigkeit unter den Jugendlichen ist eine Schande für ganz Europa. Nach jahrelangen Rettungspaketen von 2010 bis 2015 für Griechenland (1.Paket 73 Mrd. Euro; 2. Paket 130 Mrd. €; 3. Paket 86 Mrd. €; Schuldenschnitt und EZB Hilfen 140 Mrd. €) hätte Frau Merkel im Juli 2015 dem Ansatz von 15 von insgesamt 19 europäischen Finanzministern einschließlich Herrn Schäuble folgen sollen und den Griechen die Möglichkeit zum temporären Austritt aus der Eurozone zu ermöglichen, zumal das Direktorium des Rettungsschirms EFSF am 3. Juli formell den Konkurs Griechenlands festgestellt und der griechische Finanzminister Varoufakis den Weg für eine Parallelwährung bereits vorbereitet hatte. Griechenland wäre mit angemessener wirtschaftlicher Unterstützung der EU und neuer weicher Währung wahrscheinlich bereits heute weitgehend genesen. Diese Chance wurde von Frau Merkel mit ihren – wie so häufig- absolutistischen Dogmen, „wenn der Euro scheitert, scheitert Europa“ vertan. Die Verharrung beim Alten war größer als Neues zu wagen und so blockierte sie gemeinsam mit Frankreich diesen alternativen Weg. Der Vorschlag hatte nichts mit einem generellen Scheitern des Euro gemein, ganz im Gegenteil bot er eine einmalige Chance der Gesundung des Euros und einer Schuldentilgung. Der Euro ist nicht Europa, 19 EU Staaten haben den Euro, 9 Staaten haben ihn nicht und reißen sich auch nicht um dessen Einführung. Die Europäische Union, das“ Projekt Europa“, muss die höhere Priorität haben, der Euro ist eine schöne, weil zusammenführende, Begleitmusik. Er darf aber nicht nur Molltöne hervorbringen und zur Zwangsjacke einzelner Staaten werden, deren Wirtschaften mit einer so harten Währung nicht leben können. Ohne Innovation und Flexibilität beim Euro wird der Euro womöglich nicht überleben, weil mit jeder Rettungsaktion ein weiteres Stück Vertrauen in diese Währung verloren geht.

Durch die hohe Arbeitslosigkeit gerade unter der jungen Generation der Mittelmeerländern kann die Jugend kein selbsterfülltes Leben führen, und dies seit mehr als einem Jahrzehnt. Allen Europapolitikern mit ihrer Zwangsjackenmentalität – das haben wir schon immer so gemacht – sollte dieser Zustand Anlass zum erneuten Nachdenken sein. Immer noch beträgt die Staatsverschuldung Griechenlands 180 % der Wirtschaftsleistung und die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei unvorstellbaren 45 % (Spanien 39%, Italien 36%) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/74795/umfrage/jugendarbeitslosigkeit-in-europa/  Seit 10 Jahren betreibt Frau Merkel eine Politik der Konkursverschleppung auf dem Rücken der Steuerzahler und zu Lasten der Bürger südeuropäischer Staaten.

…wurde zu wenig getan um europafeindlichen Tendenzen entgegenzuwirken, Koalitionen für Reformveränderungen zu schmieden, Europa für seine Bürger attraktiver zu machen und eine europäische Aufbruchstimmung zu erzeugen.

Anstatt die europäischen Institutionen zu erneuern, Gesetze den veränderten Bedingungen anzupassen, sich auf die wirklich notwendigen zentralen Aufgaben zu konzentrieren (Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Grenzsicherung, Geldpolitik, etc.) wurde Europa von Technokraten verwaltet und von unzureichend demokratisch legitimierten Institutionen (Europäische Rat, EZB)  „regiert“. Europa im steten Krisenmodus war der vorherrschende Eindruck der letzten zehn Jahre. Krisentreffen der Staats- und Regierungschefs, der Kommission, des Wirtschafts- und Finanzausschuss, der Eurogruppe etc. Eine Politik der Kurzatmigkeit und Brandherdbekämpfung ist nicht das, was die Bürger sich von Europa wünschen, auch wenn sich Frau Merkel in dieser Rolle gefällt. Tragfähig ist ein solches Fundament für Europa nicht.

…wurde der Austritt Großbritannien aus der Europäische Union schulterzuckend hingenommen. Am 23. Juni 2016 haben ca. 52% der Wähler Großbritannien für den Austritt des Vereinigten Königsreich aus der Europäischen Union gestimmt (Brexit). In vielen Ländern Europas Griechenland, Italien, Frankreich, Niederlande etc. gibt es ebenfalls politische Strömungen die dafür plädieren den Euro oder sogar die Europäische Union zu verlassen. Die Ursachen für die Euro- und EU Verdrossenheit sind im Wesentlichen Überfremdungsangst, ausufernde europäische Bürokratie, wirtschaftlicher Niedergang in den Mittelmeerstaaten Europas, hohe Schuldenlast, ein für die Südländer zu starker Euro, ungenügende Grenzsicherung und Glaubwürdigkeitsverlust von Politikern. Bestehende Gesetze und Regeln wurden, wenn sie unbequem wurden, zuhauf ignoriert und durch Trickserei gesetzeswidrig ausgehebelt.

Wie oben ausgeführt war der blinde Aktionismus europäischer Politelite, zur steten Vergrößerung der EU und die geplante Aufnahme weiterer Länder bis hin zur Ukraine und der Türkei völlig fehl am Platz, zumal es Brüssel nicht gelungen ist die „eigene Familie“  zu motivieren und von den Vorteilen der EU zu überzeugen. Anstatt Großbritanniens Sorgen ernst zu nehmen und von GB geforderte Reformen, so schwierig wie sie auch sein mögen zu verhandeln und umzusetzen, wurde billigend der Austritt GB in Kauf genommen.

Der Alleingang Deutschlands in der Flüchtlingsfrage hat die Spaltung Europas sowie dem Brexit Vortrieb geleistet. Die Bilder die die Britten in 2015 / 16 sahen waren Wasser auf die Mühlen der Brexit- Befürworter, die Überfremdung und Personenfreiheit als ein Grundübel der EU – Verträge anprangerten. Für den Zusammenhalt Europas hätte Frau Merkel gerade in diesem Zeitraum den Britten ihre Flüchtlingspolitik erklären und für ein starkes Europa werben müssen. Großbritannien, dem in der EU für Deutschland so wichtigen demokratischen, politischen und wirtschaftlichen Partner eine Brücke zu bauen, hieße politische Weitsicht zu demonstrieren. Nichts dergleichen war geschehen, so dass das schreckliche Erwachen erst kam nachdem das britische Volk sich entschieden hatte. GB hat im März 2017den Austrittsantrag gestellt und wird nach 2 Jahren Verhandlung die EU nach 45 Zugehörigkeitsjahren verlassen. Dies wird einen gewaltigen Einfluss auf die künftige Machtbalance in Europa haben. Deutschland verliert einen wichtigen Verbündeten für eine weltoffene freie Handelspolitik. Die mediterranen Länder, allen voran Frankreich, werden jetzt stärker eine protektionistische, staatsgesteuerte Handelspolitik in der EU durchsetzen können, was der deutschen Exportwirtschaft schadet. Deutschland verliert zusammen mit anderen freihandelsorientierten Ländern die Sperrminorität bei Entscheidungen des EU-Ministerrates. Man kann nur hoffen, dass dadurch nicht eine Situation eintritt wie im EZB-Rat, in dem Deutschland ständig überstimmt wird und praktisch nicht mehr bewegen kann als Malta, obwohl es für alle Entscheidungen mit Abstand den höchsten Haftungsanteil trägt. Im Buch von Prof. Hans-Werner Sinn „Der Schwarze Juni“ wird der Einfluss des Brexit auf Deutschland ausführlich behandelt. http://www.focus.de/finanzen/experten/brexit-und-ezb-urteil-viele-haben-es-nicht-gemerkt-der-juni-war-ein-schicksalsmonat-fuer-deutschland_id_6084946.html Historisch interessant ist, dass GB erst 1973 nach drei Anläufen und jahrelangen Widerstand Frankreichs Mitglied der EU wurde. Das Erbe deutscher Politiker (u.a. Adenauer, Ehrhard, Brandt, Schröder) die in einer Mitgliedschaft GB in der EU einen unschätzbaren Wert für eine Balance in Europa sahen, wurde von Frau Merkel leichtfertig preisgegeben. Die Türkei war ihr wichtiger als GB, denn hier ging es um ihr politisches Überleben in dem von ihr verursachten Flüchtlingschaos in Deutschland.

…wurde zwar die Finanz- und Bankenkrise notdürftig gekittet die Ursachen der Fehlentwicklungen wurden aber nicht beseitigt. Eine der Ursachen für die EU-Verdrossenheit vieler Bürger ist die Finanzkrise ab 2007 in deren Folge mit Milliarden Steuergeldern Banken vor dem Zusammenbruch gerettet wurden. Keine große Unternehmung (wenige Ausnahmen), kein mittelständischer Betrieb, oder Kleinstbetrieb und schon gar nicht ein Privatmann würden bei Insolvenzproblemen mit Steuergeldern vom Staat gerettet werden. Nur bei den sogenannten systemrelevanten Großbanken des Finanzkapitalismus akzeptiert der Staat andere Regeln und hält seine schützende Hand darüber. Dies ist höchst ungerecht und so empfinden es auch die meisten Menschen, zumal es die Staaten als Gesetzgeber selbst im Griff haben Banken so zu reglementieren, dass sie nicht systemrelevant werden, das heißt bei ihrer Insolvenz keinen Staatszusammenbruch herbeiführen können.

Im Rahmen der Finanzkrise wurden die Großbanken mit ihren Bankern und Boni-Systemen, die durch ihre grenzenlose von Gier besetzten Turbokapitalismus das System zum Einsturz brachten, mit hohen Milliardenbeträgen zu Lasten der Steuerzahler vorzüglich bedient. Diese Steuerverschwendung wurde dem Bürger als alternativlose Banken und Staatsrettung Rettung verkauft. Nach Schätzung der Europäischen Zentralbank wurden für diese Aktionen in Europa 475 Mrd. € aufgebracht. Dem deutschen Steuerzahler kosteten die Rettungsaktionen 236 Mrd. € https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/04/05/banken-rettung-kostet-deutsche-steuerzahler-236-milliarden-euro/ Ungeschoren kamen die verantwortlichen Banker des Finanzcrash davon und wurden nicht, wie in allen anderen Industriezweigen üblich und täglich praktiziert, entsprechend dem Insolvenzrecht abgewickelt und bei grob fahrlässigem Handeln gerichtlich bestraft. Hier gelobten die europäischen Regierungen Besserung und versprachen bei künftigen Schieflagen von Banken die Eigentümer und Gläubiger zahlen zu lassen. Um dies umzusetzen wurde 2014 die Europäische Bankenunion etabliert, die Großbanken überwacht und Insolvenzen regelt. Und jetzt, beim ersten Anwendungsfall, der Schieflage der italienischen Banken „Veneto Banca“ und Banca Populare“ ist zu sehen, dass auch diese Regelung so wie beim europäischen Stabilitätspakt schon geschehen, nicht das Papier wert ist auf dem sie geschrieben ist. Beide Banken sollen mit 17 Mrd. € Steuergeld durch den italienischen Staat gerettet werden. http://www.zeit.de/wirtschaft/2017-06/italien-banken-veneto-banca-ezb-rettung-milliarden  Die Glaubwürdigkeit europäischer Vereinbarungen geht damit immer weiter den Bach runter. Das System der unheilvollen gegenseitigen Haftung zwischen Staaten und sog. systemrelevanten Banken geht weiter. Banken finanzieren die Verschuldung der Staaten und Staaten retten mit Steuergeldern Banken. Der Raubtierkapitalismus der Großbanken gedeiht weiter zu Lasten der Bürger und wird die Wirtschaft erneut an den Abgrund führen mit all den Folgen für die Menschen. Je nach Auslöser der Krise heißt es dann erneut Immobilienkrise, oder Subprimkrise, oder Bankenkrise, oder Anleihekrise, oder Finanzkrise und dann Systemkrise bzw. Staatskrise um spätestens ab diesem Zeitpunkt dem Bürger / Steuerzahler die Kosten der Bankenrettungen, nein der „ Staatsrettung“ wieder aufbürden zu können. So macht der Staat aus Verursachern von Krisen rettungswürdige Opfer, eine Schizophrenie des Finanzsektors bei dem die Finanzelite die Gewinne einstreicht und der Steuerzahler die Verluste und Risiken trägt. Der Lobbyismus der Finanzindustrie, der Finanzelite scheint Staaten und Politiker voll im Griff zu haben und der um seine Wiederwahl besorgte Politiker spielt das Spiel mit. Staaten sind erpressbar geworden. Es wird Zeit, dass die Verflochtenheit zwischen Staat und Finanzindustrie wirklich beendet wird und Banken so aufgestellt werden, dass sie nicht mehr „Staatsrelevant“ werden können und im Konkursfall wie jede andere Firma abgewickelt werden.

Bislang sind trotz aller politischen Beteuerungen weder die Eurokrise, noch die Bankenkrise in Europa (im Juni 2017 erneut drei Bankenpleiten in Italien und Spanien; wieder trickreiche Rettung) oder die Wirtschaftskrise in den südeuropäischen Ländern wirklich beendet.

Es bleibt zu hoffen, dass mit der Bundestagswahl die Zeiten der großen Koalitionen endgültig vorbei sind und es im Parlament wieder eine starke Opposition und damit wirklich alternative Entscheidungsmöglichkeiten gibt, die eine lebhafte Demokratie so dringend braucht.

Damit endet die Artikelserie zu Angela Merkel langer Regierungszeit und „alternativloser“ Entscheidungen. Viel wurde angepackt aber nicht gelöst und neue Problemfelder wurden in der Gesellschaft und Politik geschaffen.

 

Angela Merkel und die AfD

Rückblick auf eine „alternativlose“ Politik. Was prägte die Zeitspanne von 2005 bis heute?

Im Rückblick auf die lange Regierungszeit von Angela Merkel ist wahrscheinlich die Hypothese zulässig, dass es ohne Angela Merkel heute die Partei „ Alternative für Deutschland“ (AfD) nicht gäben würde. Ausschlaggebend für die Zunahme von Bürgerprotestbewegungen waren von Angela Merkel getroffene Entscheidungen die von großen Teilen der Bevölkerung, von Ökonomen, Juristen und auch vielen Politikern nicht nachvollzogen und deshalb abgelehnt wurden, die aber von Angela Merkel gebetsmühlenartig als „alternativlos“ bezeichnet und somit zwangsmäßig getroffen werden mussten. Angela Merkels Entscheidungsbegründung ist hart gesagt Unfug und eine Verdummung der Bevölkerung mit der sich Frau Merkel zwei Dinge sichern konnte. Erstens, dass die Bevölkerung die harten, langanhaltenden Auswirkungen ihrer Entscheidungen geduldig – da sie ja unabwendbar waren- trägt und zweitens Empörungen der Bevölkerung sich nicht gegen sie richten, da sie ja nur „hilflose Vollstreckerin“ der Entscheidungen war. Eine wirklich clevere, zynische Strategie, da ihr als Physikerin wohl bewusst ist, dass man unter einer Entscheidung immer die Wahl einer Handlung aus mindestens zwei vorhandenen potenziellen Handlungsalternativen unter Beachtung übergeordneter Ziele versteht. Angela Merkel hat bei wichtigen Entscheidungen, aus welchen Gründen auch immer, nicht gewollt Alternativen aufzuzeigen und einem Bewertungsprozess zuzuführen, geschweige dann das Thema über die Medien auch noch einer breiten öffentlichen Diskussion auszusetzen. Stur hat sie gerade bei wichtigen Vorgängen häufig überraschende Entscheidungen getroffen und damit andere, wahrscheinlich bessere Lösungsansätze verhindert. Damit hat sie Unmut in der Bevölkerung hervorgerufen. Das Ergebnis ist eine gewaltige Veränderung der politischen Landschaft in Deutschland mit Schwächung der beiden staatstragenden großen demokratischen Parteien, eine gespaltene Bevölkerung, neue Bürgerprotestbewegungen, starke rechts außen und links außen agierende politische Flügel sowie eine neue Partei die „ Alternative für Deutschland“

Die Politik von Angela Merkel zur Rettung Griechenlands vor der Staatspleite hatte neben der Bevölkerung besonders Ökonomen verärgert die der Meinung waren, dass die praktizierte europäische Finanz- und Rettungspolitik keineswegs alternativlos sei. Im Umfeld des ersten Rettungspaketes für Griechenland im März 2010, dass die Kanzlerin wieder mal als alternativlos bezeichnete kreierte sich um den Hamburger Professor für Volkswirtschaftslehre Bernd Lucke im Herbst 2010 das „ Plenum der Ökonomen“ das sich rein sachbezogen gegen die praktizierte Euro- Rettungspolitik aussprach. Das Wort „Alternativlosigkeit“ wurde zum Unwort des Jahres 2010. Die weiteren Rettungsrunden mit zunehmender Haftung Deutschlands für Staats- und Bankenpleiten (Euro- Rettungsschirme, Europäischer Stabilitätsmechanismus etc.) führten zu einer Politisierung des „ Plenum der Ökonomen“ und Mitte 2012 zur Gründung des „Bündnis Bürgerwille“ aus dem dann auf dem Gründungsparteitag am 14. April 2013 die Partei „Alternative für Deutschland“ hervorging. Der Name der Partei sagt bereits, dass hier der gepredigten Alternativlosigkeit von Angela Merkel bewusst andere Alternativen entgegengesetzt werden sollten. Auf Anhieb erhielt die AfD bei der Bundestagswahl im Herbst 2013 4,7 % der Zweitstimmen und verfehlte damit nur knapp die Fünfprozenthürde. In 2014 zog sie ins Europäische Parlament und in die Landtage in Sachsen, Brandenburg und Thüringen ein. Die Bewältigung der Eurokrise, der Erhalt der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft waren die Gründungsprinzipien. Gleichzeitig gab es von Anfang an innerparteiliche Führungskonflikte (Lucke, Petry, Gauland, Meuthen) und Schwierigkeiten rechtspopulistische Anhänger fern zu halten. Dies und die Meinungsverschiedenheit über den Umgang mit der neuen Dresdner Protestbewegung Pegida, die der gemäßigte Flügel um Lucke für ausländerfeindlich und islamophob hielten, führten zu innerparteilichen Führungskämpfen und auf dem Essener Parteitag im Juli 2015 zur Spaltung der Partei und dem Austritt von Lucke und weiterer Parteimitglieder die einen Rechtsruck der AfD nicht mittragen wollten. Auf dem Bundesparteitag im Mai 2016 wurde ein neues Grundsatzprogramm verabschiedet. http://alternativefuer.de/wp-content/uploads/sites/7/2016/05/2016-06-27_afd-grundsatzprogramm_web-version.pdf

Während der Flügelkämpfe innerhalb der AfD Ende 2014 bis Mitte 2015 ging die Zustimmung der Bevölkerung zur AfD deutlich zurück was sich auch in den Wahlergebnissen in Hamburg und Bremen wiederspiegelte. War die AfD im Niedergang begriffen? Diese Frage kann heute nicht mehr beantwortet werden, weil Angela Merkel mit ihren umstrittenen Entscheidungen zur Migrations- und Flüchtlingspolitik der AfD neues Leben und Auftrieb gegeben hat.

Die Politik von Angela Merkel führte zu der Bürgerbewegung Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes). Seit Oktober 2014 veranstaltet sie in Dresden Demonstrationen gegen eine zunehmende Islamisierung und gegen die Einwanderungs- und Asylpolitik von Angela Merkel. https://durchgezaehlt.org/pegida-dresden-statistik/ Seit der Entscheidung vom 04./05. September 2015 zur unkontrollierten Grenzöffnung für Flüchtlinge hat sich Pegida weiter radikalisiert und behandelt Angela Merkel als unerwünschte Person, wie die Wahlauftritte belegen. Im Umfeld der Flüchtlingspolitik von Angela Merkel ist auch die AfD wieder enorm stark geworden und konnte bei allen Landtagswahlen in 2016 /17 mit hohen Stimmengewinnen bis zu 24 % (Sachsen-Anhalt) in alle Länderparlamente einziehen. Der Programmschwerpunkt der AfD hat sich von der gescheiterten Euro- und Griechenlandpolitik hin zur Flüchtlings-, Asyl-und Islampolitik verschoben.

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/320946/umfrage/ergebnisse-der-afd-bei-den-landtagswahlen/

Als Fazit kann festgehalten werden, dass Angela Merkel durch ihre von breiten Teilen der Bevölkerung abgelehnte „alternativlose“ Euro-, Banken- und Länder- Rettungspolitik und später durch ihre Flüchtlingspolitik sowohl der AfD als auch der Bürgerprotestbewegung Pegida als Steigbügelhalter gedient hat. Durch borniertes, alternativloses Festhalten der Politelite an Entwicklungen in Deutschland und der EU die nennenswerte Teile der Bevölkerung ablehnten, durch zu starke Ichbezogenheit und Machtbesessenheit der Regierenden, durch versuchte totale Ausgrenzung der AfD und der Protestbewegung Pediga konnte die AfD zu einer politisch relevanten Partei wachsen die mittlerweile in 11 Landesparlamenten vertreten ist und höchstwahrscheinlich im September auch in den Bundestag einziehen wird. Neben Pegida und AfD haben in Angela Merkels langer „alternativloser“ Regierungszeit auch der äußere rechte und linke Rand weiteren Zulauf erhalten und sich radikalisiert, wie im Fall der Linken die Ausschreitungen in Hamburg diesen Jahres auf dem G20-Gipfel gezeigt haben.

Im neuen Bundestag kann sich Frau Merkel nicht wegducken und muss sich den neuen politischen Gegebenheiten stellen. Hier bleibt zu hoffen, dass sie die Geister die sie gerufen hat auch wieder los wird.

Der letzte Artikel in dieser Serie zu Angela Merkels langer „alternativloser“ Politik befasst sich mit dem Zerfall der EU und dem Austritt GB.

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